Im Gegensatz zu Tofu, Paneer-Frischkäse und paniertem Gemüse sollen vegane Fleischersatzprodukte in Geschmack, Farbe und Konsistenz wie Fleisch wahrgenommen werden. Das Ziel der Entwickler ist eine perfekte Imitation, jedenfalls sensorisch. Einige Produkte sind vegan, andere vegetarisch, d. h. nicht rein pflanzlich. Auf Veganprodukte spezialisiert sind beispielsweise Hilcona, Fredag und Beyond Meat. Hilcona stellt in der Schweiz «The Green Mountain »-Burger» her, einen Erbsen- und Sojaeiweiss- basierten Vegan-Burger mit Zusatz von Vitamin B12 (www.thegreenmountain.ch). Beyond Meat wird in den USA hergestellt und besteht aus Erbsen/Bohnen-Protein (www.beyondmeat. com). Von Fredag stammen einerseits «Happy Vegi Butcher»-Burgerpattys, Geschnetzeltes, Nuggets und die Speckimitation «Vacon», basierend auf Erbsen-Soja-Protein. Andererseits auch «Noppa's»-Tofuprodukte (www.fredag.ch).
Zutatenliste genau ansehen
Besonders innovativ ist Planted Foods mit der Pouletimitation Planted-Chicken aus Erbsenprotein, Erbsenfasern, Sonnenblumenöl (www. planted.ch). Das Zürcher Start-up hat auch eine dünne Wiener Schnitzel-Imitation lanciert – aus einem Stück, paniert und gemäss Werbung dem Original verblüffend ähnlich.
«Vegan» bedeutet nicht zwingend naturbelassen und auch nicht ernährungsmässig ausgewogen, oft ist das Gegenteil der Fall: Die veganen V-Love-Burger der Migros deklarieren zehn Zutaten oder Zusatzstoffe und bei den Nährwerten: Fett 17%, Salz 1,5%, Eiweiss 14%. Ähnlich ist die Deklaration der veganen Beyondwurst aus den USA mit 14 Zutaten, 16% Fett, 17% Eiweiss und 1,35% Salz. Fett- und Salzgehalt sind hier somit signifikant zu hoch, gemäss den Anforderungen an gesunde Fleischersatzprodukte, welche die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW definiert: Der Proteingehalt soll hoch sein, der Fettgehalt maximal 10 Prozent und der Salzgehalt unter 1 Prozent liegen. Und die Zutatenliste soll möglichst kurz sein. Auch das Magazin «Gesundheitstipp» kritisierte kürzlich vegane Fertigprodukte, die «oft viele Kalorien, zu viel Fett, Salz und Zucker» enthalten und zitiert Forscher mit der Aussage, vegane Produkte seien schlimmer für die Gesundheit als Fleisch.
Es gibt aber durchaus vorbildliche Produkte: «Planted» überzeugt bei den ZHAW-Kriterien mit nur fünf Zutaten: Wasser, Erbsenprotein, Erbsenfasern, Rapsöl, Vitamin B12. Dies auch dank der Abwesenheit einer Würzung. Auch Noppas Tofu enthält nebst Soja nur wenige Zutaten oder Zusatzstoffe, ist aber sensorisch keine Fleischimitation.
Nun mag man einwenden, dass die Vegan-Imitation von Burgerpattys oder Würsten technologisch höhere Anforderungen stellt als eine Pouletfleisch-Imitation, und dass aromatisierte Produkte zwangsläufig mehr Zutaten benötigen. Aber bei Zusatzstoff-Alternativen besteht noch viel Verbesserungspotenzial. Ebenso bei den Nährwerten, auch wenn weder Würste noch Pattys mit so wenig Fett wie Pouletfleisch sensorisch überzeugen würden – obwohl machbar.
Vegetarisch aber nicht vegan
Auch moderne vegetarische Produkte stehen bei vielen Herstellern im Angebot. Ein Beispiel sind Burger, Filetstreifen und Schnitzel von «Garden Gourmet» in Kooperation mit Nestlé (www.gardengourmet.ch, www.nestleprofessional.ch). Und die Marke «Vegi Planet» von Bischofszell Culinarium und ELSA-Mifroma umfasst vegi- zertifizierte Sojaprotein-Produkte für Heime und Spitäler (www.bina.ch). Mit Cornatur auf Quornbasis war die Migros Pionierin bei Fleischersatz.
Quorn ist in Biss und Geschmack dem Fleisch ähnlich, vor allem dem Pouletfleisch. Es ist stark sättigend, fettarm, ziemlich saftig und schmeckt leicht nach Eiklar. Auffällig ist jedoch die graubraune Farbe und die eckige Form der Stücke. Die biologische Wertigkeit des Proteins erreicht nicht ganz das Niveau von Fleisch. Quorn wird aus fermentiertem Pilzmyzel und Hühnereiweiss hergestellt, ist somit nicht vegan. Wie jedes Pilzprodukt ist es wegen des Chitingehaltes schwer verdaulich. Empfindliche Personen klagen über Blähungen oder Flatulenz («furzen»). Hergestellt wird Quorn in England. In der Schweiz hat sich die Migros eine Exklusivität gesichert. Verarbeiter und Gastro-Lieferant ist auch Fredag.
Die auf Gastronomie spezialisierte Grossmetzgerei Carnosa stellt als vegetarisches Fleischersatzprodukt Togar-Produkte her, die aus Hühnereiweiss, Sojaeiweiss, ungesättigten und Omega-3-Fettsäuren bestehen und in der Caregastronomie gefragt sind. Im Angebot steht eine gluten- und lactosefreie Basismasse, aus der Köche selbst Variationen kreieren können, sowie pfannenfertige Convenience wie Steaks und Kroketten.
Teilvegetarisches Hybridfleisch: der letzte Schrei
Neu ist ein sogenanntes Hybridfleisch, eine Mischung aus Fleisch und Gemüse oder Pilzen. Im Handel sind Produkte mit 40–69% Fleisch und 8–40% Gemüseanteil. Micarna stellt in der Schweiz «The Mix» her, das je zur Hälfte aus normalem Fleisch bzw aus Pflanzenprotein und Champignon besteht. Beim Burger ist «Burger mit Gemüse» deklariert (Rindfleisch 51%, Erbsenprotein 35%, Champignons 10%). In der Tat empfehlen Ernährungsexperten, den Teller zur Hälfte mit Gemüse zu füllen. Geschmack und Zubreitung sind mit normalem Hackfleisch vergleichbar. Der «Mix»-Burger schmeckt dezent- neutral, nicht fettig-fleischig, aber leicht trocken.
Die Umsetzung der «Mix»-Produkte lässt aber zu wünschen übrig. Champignons kann man zwar dem Gemüse gleichstellen, aber Erbsenprotein ist kein Gemüse sondern «nur» Protein aus einer Gemüsequelle. Der gesundheitliche Wert von Gemüse liegt in Nahrungsfasern, sekundären Pflanzenstoffen und andern Mikronährstoffen. Nur beim «Mix»-Gehackten ist Fleisch durch vollwertiges Gemüse ersetzt (Karotten, Tomaten).
Gesundheitliche Vorteile von veganer Kost
Eine rein pflanzliche Kost bietet bezüglich des Gesundheitswerts Vorteile. Beispielsweise sind Vegetarier und Veganer generell weniger übergewichtig. Ihr Risiko für Zivilisationskrankheiten wie Typ-2-Diabetes oder Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist geringer. Bezüglich der Nährwerte wirken sich bei pflanzlichen Komponenten besonders die geringere Energiedichte, der höhere Ballaststoffgehalt und der hohe Anteil an sekundären Pflanzenstoffen günstig aus. Die oft farbigen Flavonoide gelten beispielsweise wegen ihrer antioxidativen Wirkung als krebsvorbeugend.