In unseren Häusern versorgen Ärztinnen und Ärzte, Pflegende sowie weiteres Fachpersonal aus den unterschiedlichsten Berufsgruppen die Patientinnen und Patienten auf höchstem Niveau. Die Spitäler und Kliniken sind aber auch Garanten für medizinischen Fortschritt, bedeutende Ausbildungsstätten und ein wirtschaftlicher Motor mit über 200 000 Arbeitsplätzen. Diese Erfolgsgeschichte steht jedoch zunehmend unter Druck – die Spitallandschaft muss sich grundlegend verändern, wenn sie auch morgen noch trag- und leistungsfähig sein will.
Kostendruck hat fatale Folgen
Die finanziellen Grundlagen der Spitäler erodieren seit Jahren: Obwohl die Umsätze steigen, sinken die Gewinnmargen bedrohlich. Besonders in der Akutsomatik geraten viele Häuser in finanzielle Schieflage. Grund dafür sind stagnierende Tarife bei gleichzeitig steigenden Kosten – etwa für Personal, Energie und medizinisches Material. Der gesetzlich verankerte Grundsatz, wonach Spitäler ihre effektiven Kosten über die Tarife decken können müssen, kann immer seltener eingehalten werden. Die Teuerung – ein realer wirtschaftlicher Faktor – wird von den Krankenversicherungen systematisch nicht berücksichtigt. Die Folge: sinkende Margen, schrumpfendes Eigenkapital und gefährdete Investitionsfähigkeit. Laut Studien von PWC und KPMG wäre eine EBITDA-Marge von zehn Prozent notwendig, um nachhaltige Investitionen tätigen zu können. Doch diese Marge kann kaum ein Spital noch erreichen. Das gefährdet nicht nur Innovation und Modernisierung, sondern auch gute und faire Arbeitsbedingungen – und somit mittelfristig die Versorgung für die Bevölkerung.
Personalengpässe und Regulierungsdruck in Kombination mit zu tiefen Tarifen: Rettungsaktionen durch Kantone nötig
Auch der Fachkräftemangel im Gesundheitswesen spitzt sich weiter zu. Temporärarbeitskräfte sind teuer und oft nur eine Notlösung. Hinzu kommt: Der Gesetzgeber überträgt den Spitälern laufend neue Aufgaben – von der Umsetzung des EPD über erweiterte Qualitätsmassnahmen bis hin zur Umsetzung der Pflegeinitiative – ohne ausreichende finanzielle Gegenleistungen. Diese neuen Aufgaben und eine ausufernde Bürokratie belasten die ohnehin schon knappen Ressourcen der Spitäler und Kliniken zusätzlich. Die Kombination aus Personalengpässen, laufend neuen Regulierungen und dem Kostendruck durch die zu tiefen Tarife treibt die Spitäler immer tiefer in die roten Zahlen. Bereits heute müssen gewisse Kantone deshalb punktuell zu Rettungsaktionen greifen – allerdings ohne klare Kriterien, welches Spital mit welchen Mitteln unterstützt wird. Das untergräbt nicht nur den Wettbewerb, sondern gefährdet auch das Vertrauen in die Systematik der Spitalplanung. Die Gefahr ist real: Ohne strukturelle Lösungen droht ein Abbau des Niveaus unserer Gesundheitsversorgung.
Strukturwandel – aber wie?
Die Politik fordert in der Spitalplanung Strukturreformen. Was damit konkret gemeint ist, ist sehr unterschiedlich – und reicht von einem Umbau der Spitallandschaft über die Konzentration von Leistungen bis hin zu Spitalschliessungen. Doch ein Strukturwandel darf nicht durch die finanzielle Austrocknung einzelner Häuser erzwungen werden. Genau diese Entwicklung droht aber durch die Deckelung der Tarife im Rahmen der neuen ambulanten Gesamt-Tarifstruktur, welche der Bundesrat beschlossen hat. Vielmehr braucht es eine vorausschauende, dialogorientierte Versorgungsplanung unter Einbezug der Spitäler und Kliniken sowie von H+.
Die Spitallandschaft der Zukunft wird anders aussehen: stärker ambulant, stärker vernetzt, stärker technologiegestützt. Diese Transformation ist unausweichlich. Aber sie darf nicht durch wirtschaftlichen Zwang oder politischen Aktionismus getrieben werden. Vielmehr braucht es eine kohärente Strategie – gemeinsam getragen von Bund, Kantonen, Versicherern, Leistungserbringern und nicht zuletzt der Bevölkerung. Grundlage dafür ist, dass Leistungen unter Berücksichtigung der Teuerung fair abgegolten werden, um den Häusern Investitionen vor allem in die Fachkräfte zu ermöglichen.
Ambulantisierung braucht gerechte Finanzierung
Die Ambulantisierung ist ein Schlüssel dieser Entwicklung. Doch ohne adäquate Finanzierung bleibt sie eine politische Wunschvorstellung. Das zentrale Argument im Abstimmungskampf für die einheitliche Finanzierung (EFAS) war die Förderung der Ambulantisierung – diesem Anliegen hat die Stimmbevölkerung klar zugestimmt. Damit daraus Realität wird, braucht es nun passende finanzielle Rahmenbedingungen – also kostendeckende ambulante Tarife. Aktuell bedeutet ambulant behandeln für Spitäler finanzielle Verluste. So wird die Ambulantisierung künstlich ausgebremst und das Potenzial von EFAS kann nicht genutzt werden. Eine solide Finanzierung der ambulanten Versorgung ist Voraussetzung für deren Ausbau – nicht dessen Folge.
H+ gestaltet mit – im Interesse der Spitäler und der Bevölkerung
Als Branchenverband nehmen wir unsere Verantwortung ernst. H+ engagiert sich in der politischen Diskussion, erarbeitet fundierte Positionspapiere und steht im engen Austausch mit Behörden, Parlament, Kantonen und Versicherern. Wir setzen uns für eine faire, transparente Finanzierung ein und fordern eine langfristig tragfähige Versorgungsplanung mit Einbezug der Spitäler. H+ gestaltet die Spitallandschaft der Zukunft aktiv mit. Unser Ziel ist klar: Wir wollen eine zukunftsorientierte und nachhaltige Spitallandschaft, die auch in Zukunft qualitativ hochstehend, für alle Patientinnen und Patienten zugänglich und wirtschaftlich tragfähig ist – für alle Regionen, für alle Versorgungsstufen. Dafür brauchen wir realistische und mit den Leistungserbringern koordinierte Entscheidungen. Entscheidungen, die nicht an Symptomen ansetzen, sondern an den Ursachen. Die Spitäler der Schweiz sind bereit, diesen Weg mitzugestalten, aber sie brauchen faire Rahmenbedingungen, welche dies ermöglichen.
▶ In dieser Rubrik äussern Vertreter aus dem Gesundheitswesen ihre Meinung zu aktuellen Themen.