René Buholzer, ist Geschäftsführer von Interpharma, dem Verband der forschenden pharmazeutischen Firmen der Schweiz

Warum wir alle profitieren, wenn künftig Gesundheitsdaten für Fortschritt besser genutzt werden können

Publiziert

Obwohl es um seinen besten Freund geht, erzählt Chris Riopelle seine Geschichte unaufgeregt (1). Eines Tages rief ihn dieser mit einer Frage zu den Laborwerten über seine Niere an, denn Riopelle war damals Chef einer Dialyse-Firma.

Riopelle prüfte die Werte. Einige Stunden später schoben Ärzte seinen Freund auf einer Krankentrage in die Notfallstation. Die Niere versagte, sein Freund erhielt eine Spenderniere. Heute ist Riopelle Mitgründer eines US-Start-ups, das Gesundheitsdaten analysiert und Nierenversagen vorhersagen kann, bevor schwere Symptome auftreten. Dadurch können Patientinnen und Patienten frühzeitig behandelt werden. Die Effektivität solcher Programme konnten Forscher mit elektronischen Patientendossiers aus den USA und Israel belegen.

Was nützen Gesundheitsdatenökosysteme
In digitalen Gesundheitsdatenökosystemen können Menschen Daten digital erheben, bearbeiten, speichern, teilen und damit neue Lösungen entwickeln. Daraus entsteht Nutzen in drei Kategorien: Patientinnen und Patienten profitieren von personalisierter Medizin, bei der sie mit ihren Daten ihre Therapien auf eigene Bedürfnisse massschneidern und mitgestalten können. Das Universitätsspital Zürich bietet beispielsweise mit Roche und der Foundation Medicine aus den USA einen Tumortest an. Basierend auf einer Gewebeprobe erhält der Arzt ein genomisches Tumorprofil des Patienten und einen individualisierten Bericht mit möglichen Therapieoptionen.

Forscher brauchen Gesundheitsdaten für medizinischen Fortschritt. Wenn sie Daten verlinken können, lassen sich neue Hypothesen bilden und testen. Wie reagieren Menschen mit seltenen Krankheiten auf die Covid-Impfung? Erst mit genügend grossen Kohorten können solche Fragen beantwortet und Lösungen entwickelt werden. Dabei geht es nicht um Rückschlüsse auf Personen. Es braucht anonymisierbare Daten, die sich aggregieren lassen.

Letztlich sind digitale Datenökosysteme das Fundament eines nachhaltigen Gesundheitswesens. Sie unterstützen Entscheidungsträger. Wer in Echtzeit weiss, wer sich wo mit einem Virus ansteckt, kann rechtzeitig handeln. Datenökosysteme ermöglichen auch, im Gesundheitswesen weg von der heutigen Abrechnungs- hin zu einer Ergebnisorientierung zu gelangen. McKinsey und die ETH Zürich haben vorgerechnet, dass die Schweiz mit der Digitalisierung und dem Aufbau eines Gesundheitsdatenökosystems jährlich über acht Milliarden Franken einsparen könnte. Die Ressourcen könnten Leistungserbringer für mehr patientenfokussierte Aktivitäten aufwenden.

Schweiz wird abgehängt
Viele Länder investieren in ihre Gesundheitsdatenökosysteme. Dabei entwickeln sich drei Modelle. In den USA ist ein Markt für Gesundheitsdaten entstanden. In China herrscht die Regierung über diese Daten. Ein drittes Modell zeichnet sich in Europa ab. Inspiriert von Finnland, das erste Land mit einem Gesetz für die Sekundärnutzung von Gesundheitsdaten und einer Bewilligungsbehörde, hat die Europäische Union Gesetze für ihren Europäischen Gesundheitsdatenraum und einen entsprechenden Finanz-Plan vorgelegt. In diesem Ökosystem sollen die Bürgerinnen und Bürger die Hoheit über ihre Daten haben, aber diese auch für bessere Versorgung, mehr Innovation und wirksamere politische Massnahmen genutzt werden können.

Leider überrascht es nicht, dass Beispiele über Innovation oder Forschung mit digitalen Gesundheitsdaten nicht aus der Schweiz stammen. Denn hier werden solche kaum genutzt, weshalb wir in Rankings wie dem «Digital Health Index» der Bertelsmann-Stiftung auf den hintersten Plätzen liegen. Das bedroht den Zugang der Menschen in der Schweiz zu erstklassiger Medizin. Eine Studie von BAK Economics zeigt, wie stark der Forschungsstandort Schweiz bereits heute unter diesen Rückständen leidet. Bei den Anmeldungen von Pharma-Patenten mit digitalen Elementen ist die Schweiz nicht mehr führend, andere Standorte wachsen stärker.

Handlungsbedarf erkannt
Wie kann die Schweiz den Rückstand aufholen? Erstens braucht es eine umfassende und kohärente Strategie zum Aufbau dieses Systems, das auf einer gemeinsamen Vision fusst. Nur gut durchdacht entfalten Gesundheitsdatenökosysteme ihren vollen Nutzen. So muss etwa nicht nur sichergestellt werden, dass die Menschen den Wert des Teilens ihrer Daten kennen. Es müssen auch Anreize bestehen, diese Daten zu strukturieren und verfügbar zu machen. Denn wenn beispielsweise Gesundheitsfachpersonen künftig für die Erhebung der Daten unterschiedliche, inkompatible Programme nutzen müssen, bleibt eines der Versprechen der Digitalisierung – die Einsparung von Zeit für wirklich patientenfokussierte Aktivitäten – uneingelöst. Deswegen braucht es gemeinsame Standards, interoperable Schnittstellen und eine angemessene Vergütung.

Zweitens müssen wir uns in der Schweiz klar darüber werden, wie wir Gesundheitsdaten nutzen wollen, welche Governance zur Sicherstellung der richtigen Balance zwischen Datenschutz und Datennutzung nötig ist und wie wir den Aufbau dieser Infrastruktur sowie das System finanzieren wollen. Nur mit einer gemeinsamen Vision, in die alle Anspruchsgruppen miteinbezogen werden, kann es gelingen, den nötigen politischen Willen und Führung aufzubringen, um international nicht völlig den Anschluss zu verlieren.

Ein Gesundheitsdatengesetz als Grundlage
Die Schweiz startet spät in die Transformation ihres Gesundheitswesens. Mit dem Richtungsentscheid zum elektronischen Patientendossier und dem Bericht «Bessere Nutzung von Gesundheitsdaten für eine qualitativ hochstehende und effiziente Gesundheitsversorgung» hat der Bundesrat nun aber Ansätze präsentiert. Zwei wichtige Elemente sind darin erkennbar: Einerseits muss die Schweiz die Nutzung von Gesundheitsdaten rechtlich absichern. Die Regeln sind derzeit oft mit Unsicherheit verbunden, uneinheitlich und fragmentiert, was gute Projekte verhindert. Ein transparenter Rahmen in einem Gesundheitsdatengesetz, das den Datenschutz ergänzt, ist wichtig. Dieses Gesetz könnte die Grundlage für das zweite Element sein: Um das Vertrauen in das System zu stärken, wäre eine schlanke, unabhängige Institution wie in Finnland hilfreich. Diese sollte, basierend auf dem Gesetz, die Nutzung von Gesundheitsdaten unbürokratisch bewilligen und ermöglichen.

Der Bericht des Bundesrats ist hilfreich, aber noch keine umfassende Strategie, die es brauchen würde, um mit dem nötigen Nachdruck und Tempo diese wichtige Aufgabe anzugehen. Die derzeit entstehenden Fachgruppen zwischen Bundesverwaltung und externen Experten könnten ein Weg sein, gemeinsam eine solche Strategie zu entwickeln und umzusetzen – etwa mit einem Gesundheitsdaten(nutzungs)gesetz. Denn nur gemeinsam mit allen Anspruchsgruppen kann die Schweiz den Rückstand aufholen und das Schweizer Gesundheitswesen auf ein zukunftsfähiges und nachhaltiges Fundament stellen. Die forschende pharmazeutische Industrie ist bereit, hier ihren Beitrag zu leisten.

(1) Geschichte entlehnt aus: Campbell, S. (2022). A Denver Startup is Raising Millions By Betting on the Health of Your Kidneys. 5280 Health. Abgerufen 7. Juli 2022 von https:// www.5280.com/2021/12/a-denver-startup-is-raising-millionsby-betting-on-the-health-of-your-kidneys/

EVENTS

SBK Kongress

Kongress vom Berufsverband der diplomierten Pflegefachpersonen der Schweiz

Datum: 02.-03. Mai 2024

Ort: Bern (CH)

ICV Gesundheitstagung Schweiz

Controlling im Spannungsfeld von Innovation, Kostenmanagement und digitaler Transformation.

Datum: 07. Mai 2024

Ort: St. Gallen (CH)

HealthEXPO

Gesundheit, New Health Care und Zukunftsform

Datum: 25. Mai 2024

Ort: Basel (CH)

drupa

Weltweit führende Fachmesse für Drucktechnologien

Datum: 28. Mai-07.Juni 2024

Ort: Düsseldorf (D)

Vorsorge-Symposium

Fachmesse 2. Säule sowie ein Vorsorge-Symposium

Datum: 5. - 6. Juni 2024

Ort: Zürich (CH)

ArbeitsSicherheit Schweiz

Fachmesse für Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz

Datum: 05.-06. Juni 2024

Ort: Zürich (CH)

Achema

Internationale Leitmesse der Prozessindustrie

Datum: 10.-14. Juni 2024

Ort: Frankfurt am Main (D)

Swiss Medtech

Mastering Complexity

Datum: 11. Juni 2024

Ort: Bern (CH)

PFLEGE PLUS

Die Fachmesse PFLEGE PLUS bringt Fachbesucher mit ausstellenden Unternehmen, Branchenverbände sowie Experten des Pflegemarkts zusammen.

Datum: 14.-16. Mai 2024

Ort: Stuttgart (D)

MedtecLIVE with T4M

Fachmesse für die gesamte Wertschöpfungskette der Medizintechnik

Datum: 18.-20. Juni 2024

Ort: Stuttgart (D)

Blezinger Healthcare

9. Fachkonferenz – Das Pflegeheim der Zukunft

Datum: 20.-21. Juni 2024

Ort: Luzern (CH)

Blezinger Healthcare

9. Fachkonferenz - Das Pflegeheim der Zukunft

Datum: 20.-21. Juni 2024

Ort: Luzern (CH)

e-Healthcare Circle

Immer wieder wird erzählt, welche positiven Wirkungen Digitalisierung auf das Gesundheitswesen haben kann.

Datum: 21. Juni 2024

Ort: Zürich (CH)

all about automation

Fachmesse für Industrieautomation

Datum: 28.-29. August 2024

Ort: Zürich (CH)

maintenance Schweiz

Schweizer Fachmesse für industrielle Instandhaltung und Facility Management

Datum: 28.-29. August 2024

Ort: Zürich (CH)

Blezinger Healthcare

14. Fachkonferenz – Das Spital der Zukunft

Datum: 10.-12. September 2024

Ort: Bern (CH)

Immohealthcare

Ein Treffpunkt für die Healthcarebranche

Datum: 18. September 2024

Ort: Basel (CH)

Ilmac Lausanne

Networking. Forum. Aussteller

Datum: 18.-19. September 2024

Ort: Lausanne (CH)

FachPack

Europäische Fachmesse für Verpackung, Technik, Veredelung und Logistik

Datum: 24.-26. September 2024

Ort: Nürnberg (D)

Rehacare

Die REHACARE ist die internationale Fachmesse für Rehabilitation, Prävention, Inklusion und Pflege.

Datum: 25.-28. September 2024

Ort: Düsseldorf (D)

IN.STAND

Die Messe für Instandhaltung und Services

Datum: 08.-09. Oktober 2024

Ort: Stuttgart (D)

Chillventa

Weltleitmesse der Kältetechnik

Datum: 08.-10. Oktober 2024

Ort: Nürnberg (D)

SIAL

Fachmesse für Nahrungsmittel-Innovationen

Datum: 19.-23 Oktober 2024

Ort: Paris (F)

ZAGG

DER BRANCHENTREFFPUNKT MIT RELEVANTEN GASTRO-TRENDS

Datum: 20.-23. Oktober 2024

Ort: Luzern (CH)

IFAS

Fachmesse für den Gesundheitsmarkt

Datum: 22.-24. Oktober 2024

Ort: Zürich (CH)

ALL4PACK EMBALLAGE

The global marketplace for Packaging Processing Printing Handling

Datum: 04.-07. November 2024

Ort: Paris (F)

5. Future Food Symposium

 «Made in Switzerland - Gute Partnerschaften für mehr Ernährungssouveränität»

Datum: 8. Februar 2024

Ort: Online-Event (CH)

Medica

Die Weltleitmesse der Medizinbranche

Datum: 11.-14. November 2023

Ort: Düsseldorf (D)

AUTOMA+

Pharmaceutical Automation and Digitalisation Congress 2024

Datum: 18.-19. November 2024

Ort: Geneva (CH)

Swiss Handicap

Nationale Messe für Menschen mit und ohne Behinderung.

Datum: 29. November-1. Dezember 2024

Ort: Luzern (CH)

BioFach

Weltleitmesse für Bio-Lebensmittel

Datum: 11.-14. Februar 2025

Ort: Nürnberg (D)

Gastia

Die Fach- und Erlebnismesse für Gastfreundschaft

Datum: 23.-25. März 2025

Ort: St.Gallen (CH)

TUTTOFOOD

Internationale B2B-Messe für Food & Beverage

Datum: 05.-08. Mai 2025

Ort: Mailand (I)

LABVOLUTION

Europäische Fachmesse für innovative Laborausstattung und die Optimierung von Labor-Workflows

Datum: 20.-22. Mai 2025

Ort: Hannover (D)

Automatica

Die Leitmesse für intelligente Automation und Robotik

Datum: 24.-27. Juni 2025

Ort: München (D)

Oils + fats

Leitmesse der Öl- und Fettindustrie in Europa.

Datum: 15.-19. September 2025

Ort: München (D)

Ilmac

Fachmesse für Prozess- und Labortechnologie

Datum: 16.-18. September 2025

Ort: Basel (CH)

Swiss Medtech Expo

Fachmesse und Symposium: Inspiration, Weiterbildung und Netzwerk

Datum: 16. - 17. September 2025

Ort: Luzern (CH)

AM Expo

Fachmesse und Symposium: Inspiration, Weiterbildung und Netzwerk

Datum: 16.-17. September 2025

Ort: Luzern (CH)

CMS Berlin

Internationale Leitmesse für Reinigung und Hygiene

Datum: 23.-26. September 2025

Ort: Berlin (D)

POWTECH

Pharma.Manufacturing.Excellence

Datum: 23. - 25. September 2025

Ort: Nürnberg (D)

Anuga

Weltweite Ernährungsmesse für Handel und Gastronomie/Ausser-Haus-Markt

Datum: 04.-08. Oktober 2025

Ort: Köln (D)

A + A

Messe und Kongress für Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit

Datum: 04.-07. November 2025

Ort: Düsseldorf (D)

igeho

Internationale Branchenplattform für Hotellerie, Gastronomie, Take-away und Care

Datum: 15.-19. November 2025

Ort: Basel (CH)

Pumps & Valves

Die Fachmesse für industrielle Pumpen, Armaturen & Prozesse

Datum: 26. - 27. November 2025

Ort: Zürich (CH)

interpack

Führende Messe für Prozesse und Verpackung

Datum: 07.-13. Mai 2026

Ort: Düsseldorf (D)

Bezugsquellenverzeichnis