Herr Hunziker, was ist Pauli’s Kitchen Solution genau?
Das Basismodul umfasst eine Rezeptdatenbank mit über 4400 Rezepten in Deutsch, davon 1655 Rezepte aus dem Klassiker «Pauli» in Deutsch, Französisch, Englisch und Spanisch. Dazu gibt es eine Produktedatenbank mit Angaben zu den Lieferanten, Nährwerten und Allergenen. Das Ganze ist mit der Schweizer Nährwertedatenbank oder mit Lieferantendaten abgeglichen. Küchenchefs können darüber hinaus ihre eigenen Rezepte in der Datenbank erfassen oder aber auch Rezepte aus anderen Programmen importieren. Zusammengefasst kann man sagen, dass Pauli’s Kitchen Solution bei der Verwaltung und Kalkulation von Rezepten, Gerichten und Menüs unterstützt. Und dann gibt es noch einen Gastro-Übersetzer mit 50 000 Begriffen aus der Gastronomie, der in fünf Sprachen übersetzt.
Wie ist die Firma entstanden?
2015 wurde das Produkt Kochtopf und der Kundenstamm von der Carosoft gekauft. In den beiden Jahren danach wurde das Produkt komplett neu entwickelt
und unter dem Namen Pauli’s Kitchen Solution auf den Markt gebracht. Der Produktename wurde aufgrund der Zusammenarbeit mit dem Pauli Fachbuchverlag und der exklusiven Rechte an den Pauli-Rezepten gewählt.
Wie war die Entwicklung der Firma/Bausteine?
Kochtopf hatte seinen Schwerpunkt in der Rezeptsammlung. Es gab ein bis zwei Schnittstellen zu Lieferanten und eine einfache Menüplanung. Die bestehenden Kunden haben unser überarbeitetes Produkt erhalten, und zusätzlich bieten wir jetzt unsere weiteren Module an.
Über wie viele Module sprechen wir da?
Neben dem Basismodul bieten wir heute rund 20 Zusatzmodule an, die in der Schweiz von etwa 550 Kunden genutzt werden. Zurzeit wachsen wir sehr schnell und rechnen mit 700 bis 800 Kunden bis zum Ende des Jahres. Seit Mitte dieses Jahres haben wir zudem einen Vertriebspartner in der Westschweiz.
Was kostet das Basismodul?
Es ist jeweils ein Mietmodell, das für einen Benutzer 150 Franken pro Jahr kostet. Für jeden weiteren Nutzer kommen 120 Franken pro Jahr hinzu.
Könnten Sie das Spektrum der Zusatzmodule kurz beschreiben?
Hier unterscheiden wir fünf Bereiche: Zunächst gibt es die Module für den Bereich Produktinformation und Lieferanten. Das sind beispielsweise Schnittstellen zu den Lieferanten und eine Integration des Bestellprozesses vom Warenausgang bis zur Buchung in den Lagerbestand. Die Module für den Bereich Planung und Design unterstützen bei der Erstellung von Tages-, Wochen- und Monatsplänen, der Budgetierung und Nachkalkulation. Sie können mit den Modulen auch Wein- oder Speisekarten gestalten und ausdrucken. Im Bereich Produktion dreht sich alles um die effektive Abwicklung des Produktionsprozesses, möglicherweise auch an unterschiedlichen Standorten, zur optimalen Nutzung der Infrastruktur, der personellen
Ressourcen und der benötigten Zutaten durch die Planungsmöglichkeiten im Zeitplan-Raster. Und dann gibt es noch Module für die Bereiche Lagerhaltung,
Kassenintegration, Menüwahlsysteme und Events. Die vielen Module haben ja alle einen Preis.
Wenn eine Küche mehrere Module nutzt, ist sicherlich schnell eine grössere Summe fällig?
Es kommt immer darauf an, wie viele Nutzer die Software hat. Aktuell kommen wir auf durchschnittlich 500 Franken pro Kunde im Monat. Im Vergleich zu
den Leistungen und Möglichkeiten, die für eine Küche auf einmal entstehen, insbesondere im Bereich Zeitersparnis und Kostentransparenz, wundern sich viele Küchenchefs über den günstigen Preis.
Was ist das Besondere an den Produkten?
Zum einen: Eine einfache Bedienung, die oft ohne Schulung auskommt, im Prinzip ist alles selbsterklärend. Es gibt auch keine Initialkosten. Wir sind sehr
praxisorientiert und ganz nah am Kunden dran. Das zeichnet uns aus.
Und zum anderen?
Die Verknüpfungen innerhalb des Programms. Ich erkläre es an einem Beispiel für ein Altersheim: Angenommen der Koch will Zürcher Geschnetzeltes kochen. Der Koch geht in die Pauli-Datenbank mit den Rezepten und vergleicht, ob er es genauso kochen will, ansonsten nimmt er die gewünschten Änderungen vor. Dann verknüpft er die Produkte des Rezeptes mit den Lieferanten, deren Daten im System hinterlegt sind, drückt auf Enter und sieht sofort alle Nährwerte und Allergene sowie die Wareneinkaufspreise, die zu zum Zürcher Geschnetzelten gehören. Das erzeugt eine enorme Schnelligkeit und Erleichterung für die Küche, um der Lebensmittelgesetzgebung gerecht zu werden und die Preise kalkulieren zu können.
Können Sie konkrete Zahlen nennen?
Wir gehen davon aus, dass sich der zeitliche Aufwand bei den Bestellungen und der Zusammenstellung des Warenkorbes um 50 Prozent reduziert gegenüber der Zusammenstellung mit einer Vorlage in Word oder Excel. Denn in der Software werden die Bestellungen bereits erfasst und als Warenkorb gebündelt. Und bei der Produktionsplanung sind es etwas 80 Prozent weniger Aufwand im Vergleich zur Verwendung von Word oder Excel. Sämtliche Prozesse wie Einkauf, MEP, Produktion et cetera, die für die Erstellung eines Rezeptes benötigt werden, können beim Rezept hinterlegt werden. Der Produktionsplan wird dann automatisch aufgrund dieser Definitionen erstellt.
Welche Module sind besonders gefragt?
Neben dem Basismodul nutzen unsere Kunden zu rund 90 Prozent auch den Lieferantenimport zum Abgleich von Nährwerten und Preisen. Die Module
für Etiketten und Menüplanung sind ebenfalls sehr beliebt. Und unsere neueren Module zu Lagerhaltung und Produktionsplanung, die es erst seit zwei
Monaten gibt. Die Bestellverwaltung für Lieferanten ist auch relativ neu, etwa 10 Prozent der Kunden nutzen diese Module bereits.
Wie sieht es mit der Preistransparenz aus, was kann das System?
Das ist ein Punkt, der in der Praxis immer wieder gelobt wird. Ich kann im System meinen Hauptlieferanten einstellen, aber auch weitere Sublieferanten. Da
die Preise aktuell hinterlegt werden, kann ich immer überprüfen, ob es beispielsweise gerade eine Aktion bei einem anderen Lieferanten gibt. So kann ich Preisvorteile nutzen, was über das Jahr gesehen schon einen grösseren Betrag ergeben kann.
Welche Firmen nutzen Ihre Programme?
Zu über 70 Prozent Spitäler und Altersheime, aber wir haben auch Mahlzeitendienste, Cateringunternehmen, Systemgastronomie oder normale
Betriebskantinen. Es kommen auch immer mehr Restaurantketten oder Tourismusbetriebe hinzu. Beispielsweise aktuell ein Projekt mit den Bergbahnen der Jungfrauregion. Dort werden alle Restaurants mit unserer Software ausgerüstet.
Müssen sich Ihre Kunden lange an Ihre Produkte binden?
Nein, überhaupt nicht, es muss auch keinen Vertrag geben. Ich sende einmal im Jahr die Rechnung, wer nicht mehr möchte, hört einfach auf. Wir halten keine unzufriedenen Kunden fest, das macht für uns keinen Sinn.
Wie entstehen Ihre Ideen für weitere Module?
Neue Module entstehen bei uns immer auf Basis eines Inputs von Kunden. Das ist ein wichtiger Grundsatz bei uns: Wir denken uns nicht irgendetwas aus,
von dem wir glauben, dass es etwas bringt. Wir stützen unsere Entwicklungen immer auf das konkrete Bedürfnis von einem oder mehreren Kunden.
Wie gross ist die Firma zurzeit?
Acht Mitarbeiter im Bereich Entwicklung, Vertrieb, Support, Administration und Marketing.
Können Sie denn mit sieben Mitarbeitenden und 550 Kunden ausreichend Support leisten?
Das war bisher kein Problem. Unser System läuft sehr stabil und ist ja im Prinzip selbsterklärend. Und wenn jemand eine Frage hat, ruft er einfach direkt bei uns an.
Was war die grösste Herausforderung im Aufbau der Firma?
Sicherlich die ganzen Prozesse in einer modernen Grossküche zu verstehen und der Aufbau der Partnerschaften mit den verschiedenen Lieferanten, deren
Daten in unsere Systeme geladen werden.
Wie sieht der Prozess aus, wenn eine Küche sich entscheidet, Optisoft-Produkte einzuführen?
Das hängt stark davon ab, welche Module eingesetzt werden und wie komplex die Prozesse sind. Bei grösseren und komplexen Betrieben, etwa mit mehreren Standorten, Produktionsküchen und Finish-Küchen, kann eine Beratungsfirma hinzugezogen werden. Bei einigen Projekten hat der Prozessspezialist Frank Forster von PVO Resulting in Luzern unsere Kunden unterstützt. Es macht viel Sinn, dass mit der Einführung unserer
Software auch die Prozesse einmal professionell durchleuchtet und optimiert werden. Wir arbeiten in diesem Bereich mit verschiedenen Firmen zusammen,
beispielsweise auch mit Pro Culina und Hugentobler. Damit ist ein stufengerechter und zielorientierter Aufbau innerhalb zweier bis dreier Monate möglich.
Welche Voraussetzungen müssen in einer Küche gegeben sein, damit die Einführung Ihrer Produkte ein Erfolg wird?
Eine gewisse Computeraffinität sollte schon vorhanden sein, die Freude an Komplexem, ein gewisses Geschick und interne Qualitätsstandards.
Was kommt als Nächstes?
Der Menüplan wird erweitert, um mehr Unterstützung bei der Planung zu geben. Beispielsweise kann der Koch dann angeben, dass er nur zwei Mal pro Woche Teigwaren anbieten möchte, freitags Fisch und ein veganes Gericht pro Tag. Er kann auch ausschliessen, dass es eine Rezeptwiederholung innerhalb eines bestimmten Zeitraumes gibt und Ähnliches. Und unsere neue Schnittstelle zu Eaternity zeigt den ökologischen Fussabdruck von Lebensmittelprodukten auf. Zudem wollen wir die Lagerverwaltung weiter ausbauen und in Zukunft auch Lernvideos erstellen und verschiedene
Kunden zum Erfahrungsaustausch zusammenbringen.
Optisoft
Optisoft ist bereits die zweite IT-Firma, die Oliver Hunziker aufbaut. 1993 gründete er mit Paul Petzold Mirus Software. Auch diese Firma hatte ihre Stammkundschaft in der Gastronomie und unterstützte Kunden mit verschiedenen Backoffice-Anwendungen, beispielsweise in der Personalabteilung
und im Rechnungswesen. 2012 verkauften beide ihre Firma an P&I Software. Eine kostenlose Demo-Version von Pauli’s Kitchen Solution kann auf der Website www.optisoft.ch heruntergeladen werden.