Eine besondere Aufmerksamkeit verdienen hier Start-ups. Ihre Zahl ist bei der MEDICA in den letzten Jahren stetig gestiegen. Mittlerweile präsentieren sich mehrere hundert dieser besonders jungen und vorrangig digitalgetriebenen Unternehmen mit ihren Ideen und geradezu einem Neuheiten-Feuerwerk dem internationalen Fachpublikum. Die MEDICA DISRUPT-Pitches im Rahmen des MEDICA CONNECTED HEALTHCARE FORUM und insbesondere auch den MEDICA START-UP PARK (jeweils in Halle 13) sollten sich Besucher vormerken, um einen Eindruck innovativer Start-ups und ihrer kreativen Ideen zu gewinnen.
Bei MEDICA DISRUPT ist Bahnbrechendes Programm
Bei MEDICA DISRUPT stehen an den ersten beiden MEDICA-Tagen spannende Finale auf dem Programm mit jeweils 10 beteiligten Start-ups. Montags geht es beim 11. INNOVATION WORLD CUP um Health-IoT-Lösungen (IoT = Internet of Things), dienstags dann bei der 8. MEDICA App COMPETITION um die weltbeste Health-App-Solution. Die Teilnehmer dieser finalen Pitches konnten die international besetzte Jury überzeugen und sich aus hunderten von Bewerbungen ihr `Ticket´ für die Live-Präsentation während der MEDICA 2019 sichern.
Aber nicht nur diese beiden Finale sollten Besucher in den Fokus nehmen. Auch darüber hinaus ist bei MEDICA DISRUPT Bahnbrechendes Programm. So geht es am Montag, 18. November, ab 15 Uhr um Body Augmentation, also um die Optimierung des menschlichen Körpers mittels Robotik, 3D Druck und intelligenten Implantaten. Mit dabei ist das Start-up Ebenbuild. Dr. Kei W. Müller (CEO) forscht seit zwölf Jahren an einem Projekt, das im Ergebnis darauf abzielt, Patienten mit `Acute Respiratory Distress Syndrome´ (ARDS) in ihrem Beatmungsgerät individuell zugeschnittene, mechanische Beatmungseinstellungen zur Verfügung zu stellen zur Verbesserung ihrer Überlebens- und Erholungschancen.
Bislang lassen sich Beatmungsgeräte nur unzureichend auf den Patienten abstimmen, durch Eingabe eher unspezifischer Körperparameter (z. B. Gewicht). Ebenbuild will das ändern mit Software, die computertomographische Aufnahmen und maschinelles Lernen zur Erstellung eines virtuellen, patientenspezifischen Modells der Lunge nutzt – indem also ein digitales Abbild (Digital Twin) geschaffen wird. Dieses ermöglicht eine automatisierte, personalisierte und präzise Vorhersage der optimalen Beatmungsweise.
Ein Prototyp dazu liegt bereits vor. Er wird nun in den nächsten drei Jahren getestet. Aber natürlich sucht Ebenbuild wie die meisten Start-ups weitere Entwicklungspartner, schließlich ist die Hoffnung groß, dass solche softwarebasierten digitalen Zwillinge nicht nur die Entwicklungsprozesse für Medikamente und Medizinprodukte verändern könnten, sondern auch eine neue Klasse von Diagnose- und Monitoring-Werkzeugen ermöglichen werden. Wer mehr zu Digital Twins erfahren möchte: „How Digital Twins will improve healthcare for their real-world counterparts“ ist der Titel einer Session am nächsten Tag beim MEDICA HEALTH IT FORUM (ebenfalls in Halle 13).
Start-ups im Dienste einer angenehmeren Diagnostik
Am Mittwoch, 20. November, empfiehlt sich ab 13 Uhr die MEDICA DISRUPT-Session zu den Themen Diagnostik und Gesundheitsmonitoring. Beteiligt ist beispielsweise Vitascale, das die Spiroergometrie angenehmer gestalten möchte mittels eines neuartigen Headsets, welches die bislang übliche Maske samt Mundstück ersetzen soll. Das Headset misst den exspiratorischen Sauerstoff, das Atemvolumen und den Puls. Eine App berechnet daraus die persönliche Fitness, die Fettverbrennung und den Stoffwechsel in Ruhe.
Das patentierte System ermöglicht Nutzern die maskenlose Analyse und das Coaching zur individuellen Gewichtsoptimierung und Leistungssteigerung mit einer Präzision, die bisher nur mit teuren und sperrigen medizintechnischen Geräten ermöglicht wurde. In derselben Session präsentieren 13 weitere Start-ups innovative Lösungen zur Blutdruckmessung, „Lab-on-skin“-Technologien oder u. a. auch Biomarker-Analysen.
Die darauffolgende MEDICA DISRUPT-Session ist `Women´s Health´ gewidmet. Hier zeigt etwa das Start-up viMUM, wie eine moderne Geburtsvorbereitung durch Eltern aussehen kann via eLearning-Kursmodulen, die in einer App abrufbar sind. Die viMUM-Experten bestehend aus Hebammen, Gynäkologen, Kinderärzten, Psychologen und Ernährungsberater bieten auf Abruf den werdenden Eltern fachlich qualifizierte Unterstützung. Weitere Start-ups in der Session am Mittwoch zeigen Still-Apps, ein vernetztes kabelloses Stethoskop für Babys und Kinder sowie einen kabellosen Kardiotokograph iCTG für das Monitoring des Babys im Bauch.
Kognitive und mentale Gesundheit bieten starkes Wachstumsfeld
In der MEDICA DISRUPT-Session am Donnerstag, 21. November, geht es ab 11 Uhr um kognitive und mentale Gesundheit. Michele Maltese, CEO und Mit-Gründer von Avanix, wird u. a. ein modernes System zum Monitoring von Alzheimer-Patienten vorstellen. `OiX Care´ ermöglicht es Pflegepersonal, Alzheimer-Patienten rund um die Uhr zu überwachen. Das System besteht aus einem Sender (OiX-Sensor), der vom Patienten zu tragen ist, und einem Empfänger (OiX-Empfänger), der es dem Pflegepersonal ermöglicht, die Person zu überwachen. OiX kommuniziert dabei in Echtzeit über ein ISM-Hochfrequenzprotokoll. Es benötigt keinerlei Telefon- oder Netzwerkverbindung, um Informationen vom Patienten zum Pflegepersonal zu übertragen – bei einer Reichweite von 200 Metern in Innenräumen und drei Kilometern im Freien.
Die `Mindance´-App setzt dagegen darauf, als persönlicher Assistent für mehr Wohlbefinden zu sorgen – dank Meditationen, Entspannungsübungen und die Anwendung neuester Erkenntnisse der Psychologie. Das alles findet sich vereint in der App, deren Angebot sich auch für den Einsatz in Unternehmen anbieten könnte im Sinne der betrieblichen Gesundheitsförderung. Über die App sollen Mitarbeiter zum Beispiel ein individuelles Mentaltraining erhalten können. Robin Maier, CEO und Gründer, wird genauer erläutern, wie er sich das vorstellt.
Chronische Krankheiten durch neue Methoden behandeln
Danach wird bei MEDICA DISRUPT die Zukunft der Behandlung von chronischen Krankheiten beleuchtet. Start-ups zeigen dann Innovationen für die Behandlung von Bluthochdruck und weiteren Herz-Kreislauf-Erkrankungen, über nichtinvasive Blutzuckermessung, grünen Star bis hin zu chronischen Schmerzen. Ein Thema ist diesbezüglich die Anwendung von Licht. Das `CareWear´-Leuchtpflaster erzeugt blaues und rotes Licht, um Schmerzen zu lindern und die Geweberegeneration zu verbessern, indem es die lokale Durchblutung und die Gewebetemperatur erhöht. Die Lichtfelder emittieren Licht in den Wellenlängen, die das Gewebe erwärmen. So entspannen sich die Muskeln und die Durchblutung wird angeregt. Das CareWear-Leuchtpflaster funktioniert kabellos und ist einfach zu bedienen. Vorgestellt wird es bei der MEDICA durch Dr. Chris Castel (CEO).
Weitere Sessions am MEDICA-Schlusstag (21.11.) drehen sich u. a. um Künstliche Intelligenz (KI) und Big Data und wie KI etwa genutzt wird, um Geschwüre und Wunden zu klassifizieren und zu dokumentieren.
MEDICA START-UP PARK boomt
Während die MEDICA DISRUPT-Sessions Start-ups eine Bühne für Speaker und ihre kurzweiligen Präsentationen bieten, ist der MEDICA START-UP PARK in Halle 13 konzipiert als fester Anlaufpunkt während der gesamten Messelaufzeit, um mit jungen Unternehmen an der Startrampe des Erfolgs in Kontakt zu kommen und sich über ihre kreativen Produktideen auszutauschen. So hat der Vorjahressieger des INNOVATION WORLD CUP (in der Kategorie Healthcare), das Start-up StethoMe, seine Teilnahme am ausgebuchten MEDICA START-UP PARK rechtzeitig angemeldet und ist mit dabei. StethoMe bietet ein Wireless-Stethoskop an, mit dem Eltern die Lunge und das Herz ihrer Kinder selbst schnell checken und die Daten via App mit einem Arzt austauschen können.
Im Messemonat November dürfte auch die Erkältungszeit bereits begonnen haben. Eine falsche Diagnose und eine unterlassene Behandlung kann hier in einigen Fällen zu gefährlichen Komplikationen wie Lungenentzündung und Bronchitis führen. Das will das ebenfalls beim MEDICA START-UP PARK beteiligte polnische Entwicklerteam von SensDx mit seiner Soft- und Hardware-Applikation verhindern. Dazu gehört ein Multisensor, der einen Schnelltest zur Diagnostik von Infekten der oberen Atemwege ermöglicht. Die Handhabung ist denkbar einfach und basiert auf einem Abstrich, der über eine in einer Kapsel befindlichen Lösung in ein kompaktes Messgerät eingebracht wird. Der Sensor kann ein Grippevirus in einer frühen Entwicklungsphase detektieren, was wichtig ist im Hinblick auf die Wahl der richtigen Therapie und eine unnötige Gabe von Antibiotika. Denn die sind bei viralen Infektionen wirkungslos.
Ein deutsches Start-up beim MEDICA START-UP PARK ist Rehago von der Hochschule Reutlingen. Rehago hat sich spezialisiert auf Virtual-Reality-Anwendungen, die im Rahmen der Rehabilitation bei halbseitigen Lähmungen, Spastiken oder u. a. Neglect (Aufmerksamkeitsstörung durch Hirnläsion) als Trainingsmaßnahme eingesetzt werden können.
Ebenfalls auf dem Gebiet der Rehabilitation ist Intento aus der Schweiz aktiv. Thematisieren wird Intento bei der MEDICA 2019 eine einfach zu bedienende Anwendung, die schwer gelähmten Schlaganfallpatienten hilft, die motorische Funktion der oberen Extremitäten wiederherzustellen. Die Lösung basiert auf der funktionellen elektrischen Stimulation und erfordert im Vergleich zu anderen Lösungen am Markt keine Vorkenntnisse über Elektrodenplatzierung oder aufwändige Schritte zur Systemkonfiguration. Die Reha-Applikation von Intento besteht aus einer Tablet-Anwendung für den Therapeuten und einem Gerät zur Bewegungssteuerung (für den Patienten), das mit einem elektrischen Stimulator verbunden wird.
Insgesamt sind 36 Start-ups aus 18 Nationen beim MEDICA START-UP PARK mit dabei. Sechs von ihnen profitieren von der Unterstützung durch das weltweite Accelerator-Programm der Merck Group. Das stark forschungsgetriebene Wissenschafts- und Technologie-Unternehmen mit Sitz in Darmstadt unterstützt Start-ups mit dem Ziel, eine Partnerschaft mit ihnen einzugehen. Neben einer Finanzierung wird der Zugang zu Einrichtungen und Räumlichkeiten im Merck Innovation Center offeriert sowie die Möglichkeit, Teil eines Netzwerks von mehr als 50.000 Experten und Alumni in 67 Ländern zu werden.