Die Bettenzahl in Spitälern wird stetig reduziert. das ist den Lesern dieser Zeitschrift sicher bekannt und einige von ihnen erleben das in ihren Betrieben vor Ort. Dabei handelt es sich um eine direkte Folge der forcierten ambulanten Behandlung von Patientinnen und Patienten, was in erster Linie auf den Kostendruck – welcher von der Politik über die Krankenversicherungen auf die Leistungserbringerinnen und Leistungserbringer ausgeübt wird – zurückzuführen ist. Doch was kommt nach der Bettenreduktion? Die naheliegende Lösung liegt meines Erachtens auf der Hand: Eine ambulante Praxis! Nachfolgend wird summarisch aufgezeigt, wie ein solches Unterfangen angegangen werden und welche Formen es haben könnte. Es ist kein klassischer rechtlicher Beitrag – vielmehr sollen Denkanstösse im Rahmen der begrenzten Möglichkeiten gefördert werden.
Handlungsspielraum?
Zunächst gilt es abzuklären, ob die Klinikbetreiberin nach einer Bettenreduktion über die frei werdende Fläche in ihrem Ermessen verfügen darf. Gerade öffentlich-rechtliche Einrichtungen sehen sich unter Umständen mit diversen Stolpersteinen konfrontiert: Lässt sich das Vorhaben mit der Widmung, den Statuten oder der jeweils geltenden gesetzlichen Grundlage vereinbaren? Müssen die frei werdenden Räumlichkeiten gar öffentlich ausgeschrieben werden? Wird den potenziellen Mieterinnen und Mietern durch die öffentliche Hand allenfalls ein Wettbewerbsvorteil gegenüber den anderen Berufskolleginnen und Berufskollegen verschafft? Sind diese Fragen geklärt – und gehen wir für diesen Beitrag davon aus, dass rechtlich keine Hürden (mehr) bestehen –, gilt es zu sondieren: Welche Fachrichtung würde gut ins Haus passen? Könnte man allenfalls Synergien nutzen? Welche Leistungserbringerin respektive Leistungserbringer wäre am besten geeignet?
Auswahl der Fachrichtung und der Vertragspartner
Idealerweise ergänzt die künftige ambulante Praxis das bestehende Angebot des Spitals. Eventuell kann man sogar eine Fachrichtung für die frei werdenden Räume gewinnen, welche beispielsweise aufgrund der Bettenreduktion und der neuen ambulanten Behandlungspraxis «wegrationalisiert» worden ist. Als Vertragspartner empfiehlt es sich, Fachärztinnen und Fachärzte zu suchen, welche – nach Möglichkeit – auf ihrem Gebiet bereits ein gewisses Renommee haben. Dabei müssen sich die Spitäler nicht zwingend auf lokale Leistungserbringer beschränken. So kann ein Schwergewicht in der Ophthalmochirurgie etwa aus der Zürcher Innenstadt ohne Weiteres auch eine ambulante Ophthalmochirurgie im Berner Oberland, im Tessin, in der Ostschweiz oder in der Romandie betreiben (oder umgekehrt). Entsprechend hoch dürfte so die Anziehungs-/Strahlkraft des neuen Ambulatoriums und damit voraussichtlich auch die Auslastung (was wichtig fürs Finanzielle ist, vergleiche weiter unten zur Abrechnung) sein. Sind Fachrichtung und Vertragspartner erkoren worden, geht es ans Eingemachte: Finanzen, Verantwortlichkeiten, Auftritt.
Finanzen
Ausbau
Zu klären sind die Bedürfnisse der Mieterin und des Mieters und wer diese Bedürfnisse bis zu welchem Grad erfüllen wird. Dabei kann etwa eine Rohbaumiete, eine Rohbaumiete mit Vermieter-Sonderkonditionen, ein Mieterausbau bei vorbestehendem Innenausbau oder ein Vermieterausbau vereinbart werden.
- Rohbaumiete klassisch: Die Mieter lassen den End-/Innenausbau in eigenem Namen und auf eigene Rechnung erstellen.
- Rohbaumiete mit Vermieter-Sonderkonditionen (nicht abschliessend):
−Kostenbeitrag der Vermieter am
Endausbau
−Verzicht aus Mietzins für Dauer des Endausbaus/des Umbaus
−Verzicht auf Mietzins für eine bestimmte Dauer (bspw. erste 6 Monate)
−Staffelmiete (tiefe Anfangsmiete mit im Voraus festgelegten Mieterhöhungen, bis der eigentliche Mietzins erreicht wird)
−Entgegenkommen bei Umsatzmiete (bspw. Grundmiete ohne Umsatzbeteiligung so lange kein Umsatz generiert wird und ab dem Zeitpunkt, ab welchem Umsatz generiert wird, kommt diese vertragsgemäss hinzu)
−Etc. - Mieterausbau bei vorbestehendem Innenausbau (nicht abschliessend):
−Kostenbeitrag der Vermieter an Anpassungen des vorbestehenden Innenausbaus
−Verzicht aus Mietzins für Dauer des Umbaus
−Verzicht auf Mietzins für eine bestimmte Dauer (bspw. die ersten 3 Monate)
−Staffelmiete (tiefe Anfangsmiete mit im Voraus festgelegten Mieterhöhungen, bis der vorgesehene Mietzins erreicht wird)
−Entgegenkommen bei Umsatzmiete (bspw. Grundmiete ohne Umsatzbeteiligung so lange kein Umsatz generiert wird und ab dem Zeitpunkt ab welchem Umsatz generiert wird, kommt diese vertragsgemäss hinzu)
−Etc. - Vermieterausbau (nicht abschliessend):
−Beitrag der Mieter an die Individualwünsche für den Endausbau bzw. die Anpassung des vorbestehenden Innenausbaus
−Mietzinserhöhung zur Überwälzung der ganzen oder Teilen der Umbaukosten nach Wunsch der Mieter
−Etc.
Der einfachste Weg – so können Unklarheiten über das Eigentum des Ausbaus entgegengewirkt werden – wäre meines Erachtens wohl ein Vermieterausbau. Die Kosten für die Ausgestaltung nach Wünschen und Bedürfnissen der Mieter könnten bei Bedarf bei der Bemessung des Mietzinses berücksichtigt werden. Dies ist jedoch ein sehr individueller Entscheid und muss in den Vertragsverhandlungen von den Parteien ausdiskutiert und entsprechend festgelegt werden.
Mietzins/Abrechnung
Bei der Berechnung des Mietzinses sind ebenfalls diverse Möglichkeiten denkbar. Auch hier gilt grundsätzlich Vertragsfreiheit – der Mietzins wird stets für die vermietete Mietsache vereinbart; zu beachten gibt es jedoch diverse Punkte. So hat beispielsweise bei der Rohbaumiete – die grundsätzliche Hauptleistung des Vermieters, nämlich das Mietobjekt in einem zum vorausgesetzten Gebrauch tauglichen Zustand zu übergeben und zu erhalten, wird dadurch geschmälert, dass der Mieter durch den Mieterausbau diese erst in einen zum Gebrauch tauglichen Zustand versetzt – bei der Bemessung des Mietzinses ein Ausgleich berücksichtigt zu werden; die Rechtsprechung geht von einem um circa 10–25 Prozent tieferen marktüblichen Mietzins als bei voll ausgebauten vergleichbaren Mietobjekten aus. Die häufigste Form im Gesundheitssektor dürfte die Umsatz- respektive die Gewinnbeteiligung sein. Es wird vollständige Transparenz und einheitliche Rechnungsstellung vorausgesetzt. Möglich ist neben der Gewinn- auch eine Verlustaufteilung; der Fantasie sind «keine» Grenzen gesetzt, solange man sich im Rahmen der gesetzlichen Schranken bewegt.
Bereitstellung und Benützung von gemeinsamen Diensten und Personal bei Bedarf
Die Vertragsparteien können zusätzlich vereinbaren, dass der ambulanten Praxis bei Bedarf und nach Absprache Dienste und Personal zur Verfügung gestellt werden (Labor, Physiotherapie, Röntgenanlage, Klinikapotheke, Case Management, Fachärztinnen und Fachärzte, Pflegefachpersonen etc.). Die Entschädigung solcher Zusatzdienstleistungen sind vorzugsweise in einer separaten Vereinbarung festzulegen, ist doch deren Berechnung deutlich einfacher und auf die jeweiligen Einzelfälle beschränkbar.
Verantwortlichkeiten/Haftung
Die Vertragsparteien müssen genau festlegen, wer wofür welche Verantwortung trägt. Aus Sicht der Klinik ist wichtig, dass die ambulante Praxis und deren Personal für die eigenen Behandlungen vollständig verantwortlich und haftbar sind und entsprechende Versicherungen abgeschlossen werden. Aus Sicht der ambulanten Praxis wiederum ist es wichtig, dass beim Zurückgreifen etwa auf Personal der Klinik, die Verantwortlichkeiten der Handlungen eben dieses Personals ebenfalls geklärt sind; auch hier ist Versicherungsschutz für solche Tätigkeiten zwingend vorzusehen.
Auftritt/Marketing
Ist es eine komplett unabhängige ambulante Praxis? Ist es eine mit der Klinik zusammenarbeitende Praxis? Über die externe Kommunikation und den Auftritt muss zwingend eine zweifelsfreie Absprache getroffen werden.
Schlussbemerkungen
Sind die Anfangshürden einmal genommen und sind Fachgebiet sowie medizinische Fachperson gefunden, kann der Kreativität freien Lauf gelassen werden. Und ob die Zusammenarbeit am Schluss ein reiner Mietvertrag, ein Zusammenarbeitsvertragoder gar ein Infrastrukturnutzungsvertrag zwischen den Parteien ist, lässt sich erst sagen, wenn alle Details ausgearbeitet sind. In diesem Sinne gutes Gelingen und viel Erfolg bei der (Um-) Nutzung der leerstehenden Gebäudeteile.