Derzeit habe ich eine Wette laufen. Spätestens in 15 Jahren wird die Robotik zum gewohnten Bild in den Küchen – zumindest in den meisten Grossküchen – gehören. Künstliche Intelligenz (KI) hat heute schon Einzug in Produktionsgeräte gehalten und erlaubt den Bedienern einwandfreie Produktionschargen für die jeweiligen Servicezyklen bereitzustellen. Die Missing Links werden immer weniger. Bis es aber so weit ist, gilt es mit den jetzigen Personalsituationen auszukommen. Ich nehme Sie heute mit auf eine nicht ganz fiktive und keinesfalls abschliessende Reise anhand eines Gastronomiebetriebes in einer Care-Institution. Die Vorgehensweise und die beispielhaften Umsetzungsszenarien sind – je nach Betriebsart – frei skalierbar und es lohnt sich, darüber mal nachzudenken oder sich im Rahmen einer Erstanalytik einen groben Überblick bezüglich der unterschiedlichen Möglichkeiten zu machen. Eine gewisse Eile ist geboten, da in der öffentlichen Gastronomie bereits Betriebe geschlossen werden mussten – der Grund – Personalmangel.
Die Ausgangslage
Der Betrieb funktionierte über die letzten 15 Jahre gut bis sehr gut. Die Gäste sind weitgehend zufrieden mit den Küchen und Serviceleistungen. Der Küchenchef im etwas fortgeschrittenen Alter ist es gewohnt, mit drei bis vier Köchen sowie einigen Hilfskräften die drei Servicezeiten abzuhandeln. Die sogenannte Zimmerstunde gibt es auch noch. Durch den Weggang von 2 Köchen und einer Hilfskraft ist ein Vakuum entstanden. Dieses konnte auch nach sechs Monaten nicht kompensiert werden. Hier jetzt der Satz: «Wir finden keine Fachkräfte.» Alle Personen, die sich vorgestellt haben, entsprechen nicht den Vorstellungen des Küchenchefs. Nach acht Monaten werden erste Burnout-Symptome festgestellt. Die Lage ist akut. Wir wurden im Vorfeld (nach den sechs Monaten) für eine Erstanalyse eingeladen und haben dieses Szenario so im Vorfeld aufgezeigt. Die Lösung im Empfehlungspapier klingt zwar simpel, ist sie aber nicht. Investitionen in neue Geräte wie Steamer, Cookingcenter sowie in Schockfrost- und Hotfill-Technologie bilden die Basis für eine qualitativ einwandfreie Vorproduktion. Begleitet wird dieser Prozess von Beginn weg mit einer einfach zu bedienenden Software – in diesem Fall von der Firma Optisoft mit ihrem Produkt – PKS Paulis Kitchen Solution.
Der Roll-out
Da der gesamte Roll-out von der Geschäftsleitung getragen wurde, waren die Widerstands- und Trotzreaktionen im Küchenteam grenzwertig erträglich. Im ersten Schritt wurde im Rahmen eines Workshops, an welchem alle am Verpflegungsprozess beteiligte Personen teilnahmen, das «neue» Angebot definiert. Und schon hier zeigte sich, dass bereits über einen längeren Zeitraum keine Koordinationssitzungen stattgefunden haben. Es wurden zwei Menülinien eliminiert, sodass schlussendlich drei Mittags- und zwei Abendangebote definiert wurden. Selbstverständlich kam bei (fast) jeder Entscheidung der Einwand: «Wer soll das alles kochen?»
Nachdem auf Basis des Angebots der Komponentenraster über vier Wochen erstellt wurde, ging es an die Menüplanungen. Hier wurden alle noch verfügbaren Mitarbeitenden aufgeboten, ihre Rezepturvorschläge einzubringen. Und siehe da, diese Aufgabe setzte Kreativität bei Mitarbeitenden frei, welche vorher kaum Eigeninitiative zeigten. Nachdem alle Rezepturen und Menüvorschläge eingesammelt waren, stellte sich heraus, dass keine Person in der Lage war, diese in das System einzubringen. Einerseits bezüglich der IT-Fähigkeiten und andererseits bezüglich des Zeitaufwands. Dieser beträgt bei einem Projekt mit rund 800 Rezepten etwa 200 –250 Stunden für einen Mitarbeitenden, wenn dieser ohne Unterbrechung im System arbeiten kann. Den Part der Rezeptierung inklusive Lieferantenverknüpfungen hat hier ebenfalls die PVO Resulting übernommen. Erst für die letzten 10 Prozent der Rezepturen wurden zwei Mitarbeitende intensiv geschult, damit das System-Know-how im Betrieb verankert ist.
Parallel wurden drei bestehende Steamer und zwei Kipper durch neueste Technik ersetzt und in ein Schockfrostgerät sowie diverse Infrastrukturen für Heissabfüllung investiert.
Beispiel Tomatensauce
In einem nächsten Schritt wurden alle Grundrezepturen gefiltert und ein Produktionsmengengerüst erstellt. Als Beispiel soll hier die Tomatensauce dienen. Diese wurde bisher zweimal pro Woche in 20- bis 25-Liter-Einheiten gekocht und in «Kübeln» bereitgestellt. Der neue Produktionsprozess sieht vor, dass nur alle zwei Wochen Tomatensauce gekocht wird. Ein Teil wird heiss in 5-Liter-Einheiten und ein anderer Teil in Silikonformen à 180 ml abgefüllt und schockgefrostet. Diese Tiefkühl (TK)-Sauce wird für alle Einzelbestellungen von Pasta mit Tomatensauce, zusammen mit TK-Teigwaren, in den neuen Steamern regeneriert und serviert. Alle Tools für die Heissabfüllung, welche mit der Firma Gastroplus in Wolhusen weiterentwickelt und für Mengen bis 150 Liter optimiert wurden, sind ausgereift und jederzeit verfügbar.
Durch die Schritt-für-Schritt-Anleitung in PKS sind nun sämtliche Hilfskräfte in der Lage, alle fünf Pastavarianten jederzeit autonom bereitzustellen. Die 5-Liter-Hotfill-Beutel, welche gekühlt rund 21 Tage halten, werden für die Grossmengenproduktion von Arrabiata bis Bolognese eingesetzt, wenn diese Gerichte als Tagesmenü aufgeführt sind. Ebenfalls kommen beispielsweise fertig belegte Pizza sowie Lasagne in der Schale aus dieser Produktionslinie. Nachdem über alle Komponenten die «Make or Buy»-Analyse gelaufen ist, wurden sämtliche Produktions- und Prozessschritte einmal durchgekocht und entsprechend korrigiert definitiv in PKS hinterlegt.
Die gesamte Prozessbegleitung im geschilderten Fall dauerte rund sieben Monate. Zwei Vorproduktionstage in einem 7-Tage-Betrieb erlauben es heute, dass mit den bestehenden Mitarbeitenden ein qualitativ hochwertiges Angebot ausgegeben werden kann. Es war ein längerer Prozess mit viel Überzeugungsarbeit, dass neue Gerätetechnik und ausgeklügelte Komponentenherstellung es erlauben, auch mit weniger Mitarbeitenden den Output optimal zu gewährleisten. Speziell sei hier die «Panierte-Schnitzel-und-Cordon-bleu-Ungläubigkeit» erwähnt. Diese Produkte kommen heute alle in sehr guter Qualität aus dem Steamer. Einzig die Pommes dürfen noch im Fett schwimmen.