Welche Patientinnen und Patienten kommen zu Ihnen, Frau Trost?
Hier in der Alterspsychiatrie der Universitären Altersmedizin (UAFP) stellen wir gemäss kantonalem Leistungsauftrag den Leistungsbereich «Grundversorgung Alterspsychiatrie» gemeinsam mit den Universitären Psychiatrischen Kliniken (UPK) für Basel-Stadt sicher. Wir haben in der UAFP dabei den spezifischen Versorgungsauftrag für den Bereich Demenz und Delir. Die Universitären Psychiatrischen Kliniken versorgen alterspsychiatrische Patientinnen und Patienten mit Depression, Psychose und Sucht im Alter. Hier im Haus sind wir zuständig für alle Patientinnen und Patienten, die eine spitalbedürftige Symptomatik bei Demenz oder Delir entwickeln.
Wir nehmen sowohl Menschen auf, die aus Heimen oder einem häuslichen Umfeld kommen als auch Menschen aus anderen Spitälern, die dement sind und eine spezielle alterspsychiatrische Behandlung brauchen.
Wie sehen typischen Fälle bei Ihnen aus?
Menschen, die zu uns kommen, sind in der Regel bereits mittel- bis schwergradig dement und brauchen eine spezielle alterspsychiatrische Behandlung. Sehr häufig sind Eintrittsgründe Verhaltensstörungen in Zusammenhang mit der Demenz, wie beispielsweise starke Unruhe, akute Verwirrtheitszustände, ablehnendes Verhalten, Aggressivität, Apathie oder Depression.
Diese ganze Bandbreite von Symptomen kann dazu führen, dass die Versorgung der Betroffenen sehr schwierig wird und zu Hause oder in einem Heim gar nicht mehr möglich ist. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn die Patientinnen es ablehnen, gepflegt zu werden, zu essen oder ihre Medikamente einzunehmen oder eine behandlungsbedürftige somatische Erkrankung haben, die nicht behandelt werden kann, weil die Patientin oder der Patient nicht kooperativ ist. Dann kommen solche Menschen zu uns ins Felix Platter.
Wie lange dauert der Aufenthalt bei Ihnen in der Regel?
Die durchschnittliche Liegezeit beträgt circa 28 Tage, aber wir haben auch Einzelfälle, die mehrere Monate bei uns sind. Das ist bei Patientinnen und Patienten der Fall, die komplizierte Verläufe haben, beispielsweise wenn immer wieder Komplikationen, etwa Infektionen oder Delirien auftreten.
Was sind Gründe für die Verhaltensänderungen?
Hier kann es sehr viele Gründe geben. Veränderungen der Lebensumstände, Verlust von Bezugspersonen, Stress. Häufig steht auch etwas Somatisches im Hintergrund. Ein Infekt oder Schmerzen aufgrund einer Fraktur oder anderen Verletzungen. Oft gibt es einen solchen Grund, wenn plötzlich eine Verhaltensänderung auftritt. Dann behandeln wir das somatische Leiden und die Verhaltensauffälligkeiten, letztere auch medikamentös mit Psychopharmaka und natürlich mit dem ganz grossen Bereich der nicht-medikamentösen Therapieverfahren.
Welche anderen Therapieformen neben der Kunsttherapie (siehe Interview mit Martina Dresler) bieten Sie eigentlich noch an?
Wir bieten ganz unterschiedliche Interventionen an. Zum einen gibt es Bewegungstherapien wie die Physiotherapie in Einzel- und Gruppentherapien, bei denen etwa Muskelkraft oder die Koordination trainiert werden, auch Laufgruppen und Gehtraining mit Hilfsmitteln wird angeboten. Gemeinschaftsaktivitäten wie Kegeln, Gesprächs- und Spielrunden finden regelmässig statt. Ausserdem bieten wir Ergotherapie an, das ist ein weites Feld. Hier geht es um Aktivierung, in Interaktion zu gehen, Feinmotorik zu trainieren, Koordination sowie auch besonders alltagspraktische Kompetenzen wie zum Beispiel Essen, Bekleiden oder Ordnung schaffen.
Dann gibt es Aromatherapie. Die Anwendung erfolgt mit Ölen von Doterra. Diese können aktivierend, stimulierend, beruhigend oder schlafanstossend u. a. wirken. Die Anwendung erfolgt mit Duftlampen, als Handmassage, was bei vielen sehr gut ankommt oder einfach auch einfach auf der Kleidung. Das wirkt bei vielen Patientinnen und Patienten sehr gut.
Wird das in grossem Umfang eingesetzt?
Wir nutzen die Aromen auch als Reserve. Wir haben immer eine festgelegte Reserve-Medikation zur Beruhigung oder Linderung anderer Symptome, die neben der regulären Medikation zur Verfügung steht. Unsere Pflegenden können dann diese Reservemedikationen geben. Wir haben uns vor rund einem Jahr entschieden, dass die erste Reserve bei uns nicht mehr ein Medikament ist, sondern die Aromatherapie. Das hat sich in der Tat bewährt.
Gibt es noch weitere Therapien?
Durch die spezielle Gestaltung der baulichen Umgebung haben wir auch Therapiemöglichkeiten. Es gibt Terrassen und das Gebäude ist so gebaut, dass die Menschen sich gut bewegen können, ohne in Sackgassen zu geraten. Wir planen gerade auch die weitere Gestaltung unserer Aussenterrassen mit Hochbeeten im Sinne eines Demenzgartens. Zudem gibt es bei uns Musiktherapie. Das ist durch Corona etwas unterbrochen worden, aber fängt jetzt wieder an. Auch Pflegende machen hier auf der Abteilung Musik. Und wir bieten Tiertherapie mit einem Therapiehund an. Auf der Abteilung gibt es Tageszeitungen und Bildbände, Orientierungshilfen und eine Ruheoase als Rückzugs- und Therapieort. Biografiearbeit, Remineszenzverfahren (Arbeit mit Erinnerungen) sowie die Integration von Angehörigen in den Therapieprozess wird sowohl in der Pflege als auch durch den Arzt-, psychotherapeutischen und Sozialdienst breit angewendet.
Bieten Sie auch Psychotherapie an?
Ja, wir haben nicht nur Fachärztinnen und -ärzte für Psychiatrie und Psychotherapie, sondern auchpsychotherapeutische Fachpersonen auf unserer Station, die Einzel-, Gruppentherapie und Angehörigengespräche anbieten. Die Gruppeneinteilung richtet sich nach dem kognitiven Level unserer Patientinnen und Patienten, es gibt Gruppen für eher leicht kognitiv beeinträchtigte sowie für schwerer betroffene Personen. Sie haben sehr viel Know-how am Felix Platter Spital.
Könnten Sie das nicht auch an Mitarbeitende anderer Spitäler oder Heime weitergeben?
Es gibt bei uns ein alterspsychiatrisches Weiterbildungscurriculum, das wir zusammen mit der UPK organisieren. Damit bieten wir alle zwei Monate ein Fortbildungsthema für Ärztinnen und Ärzte und Pflegende an. In diesem Rahmen stellen wir unsere Konzepte vor und laden auch externe Referierende ein. Das Ganze ist auch offen für Externe. Dafür erhält man übrigens auch Weiterbildungspunkte von der SGAP.
Darüber hinaus gibt es auch von der akuten Altersmedizin ein Fortbildungscurriculum, wo wir uns mit alterspsychiatrischen Themen einbringen. Das ist ebenfalls öffentlich. Zudem gibt es die Memoryklinik, die Prof. Dr. phil. Andreas Monsch leitet, auch diese bietet Fortbildungen an und zwar immer montags, man kann auch online teilnehmen.