Wie viele Projekt gibt es aktuell im «Health Innovation Hub»?
Maximilian Grimm: Rund zehn Projekte laufen zurzeit im Spital, zwei weitere Projekte sind bereits auf einer höheren Stufe, das heisst, sie sind raus aus der Innovationsphase: Ein Tool wird fest im Betrieb eingesetzt, und ein Investment führen wir als Beteiligung weiter. Und dann gibt es etwas mehr als ein Dutzend Projekte, die sich in der Projektvorbereitung befinden. Dazu finden Gespräche und Vorarbeiten statt.
Das klingt nach viel Arbeit. Wie viele Mitarbeitende beschäftigt der Health Innovation Hub?
Wir wollten für das Thema Innovation keine eigene Organisation aufbauen. Es gibt nur eine einzige Vollzeitstelle, nämlich meine. Dabei ist die Rolle als Innovationmanager ganz eng verknüpft mit der Unternehmensentwicklung. Von dort stammen die Projektmanager, die unsere Innovationsprojekte begleiten. Zudem sitzen im Projektteam die entsprechenden Experten aus unseren medizinischen oder administrativen Fachabteilungen, je nachdem, wessen Know-how gefragt ist. Die Mitarbeitenden haben ja in der Regel alle schon einen anspruchsvollen Job. Jetzt kommen Sie noch mit Ihren Innovationsprojekten, führt das nicht zu einer Abwehrhaltung? Wichtig ist es, zu zeigen, dass unsere Projekte gut funktionieren und einen Nutzen stiften. Deshalb ist auch die Kommunikation nach innen sehr wichtig. Anhand von Leuchtturmprojekten können wir zeigen, was hier passiert und dass es viel Sinn macht, sich an den Projekten zu beteiligen. Natürlich bedeutet das für Experten auch Aufwand, aber wir versuchen immer, es ihnen so einfach wie möglich zu machen, ohne administrative Bürden. Wir erwarten nicht, dass unsere Experten das Projektmanagement übernehmen. Aber wir brauchen sie von Zeit zu Zeit für einen intensiven Austausch.
Welches sind denn Leuchtturmprojekte?
Gute Beispiele sind einerseits Swiss Nuclides, ein Start-up, das Radionuklide für die Krebsbekämpfung entwickelt. Hier haben wir unser ursprüngliches Darlehen gerade in Anteile umgewandelt. Andererseits ein Digitalisierungsthema: Wir führen die Patientenplattform HeyPatient im Spital ein, eine App, mit der Patienten ihre Interaktionen mit dem Spital steuern können, beispielsweise Termine, Unterlagen und in Zukunft auch die Verknüpfung mit dem elektronischen Patientendossier. Hier sind wir sehr eng in die Entwicklung der App eingebunden, indem wir unsere Prozesse im Detail einbringen. Ein Pilotprojekt in der Geburtsklinik brachte sehr vielversprechende Ergebnisse.
Konnte eines Ihrer Projekte auch während der Pandemie einen Beitrag leisten?
Absolut. Ein sehr aktuelles Beispiel ist die Kooperation mit Aspaara, die uns eine KI-basierte Software zur Einsatzplanung unseres Personals für das Impfzentrum bereitstellt. Wir hatten ja die Aufgabe, innerhalb kurzer Zeit ein Impfzentrum aufzubauen. Aspaara hat dafür kurzfristig alle anderen Aufträge ihrer Kunden zurückgestellt und für uns innerhalb von zwei Wochen ein passendes Tool bereitgestellt. Das war schon sehr beeindruckend und auch bemerkenswert von ihren Kunden, die volles Verständnis für diese Aufgabe für das Gemeinwohl in Krisenzeiten hatten.
Nach welchen Richtlinien suchen Sie eigentlich Ihre Projekte aus?
Dazu muss ich kurz ausholen. Die Ausgangsposition für den «Health Innovation Hub» ist ja, dass wir uns darüber im Klaren sind, dass sich das Gesundheitssystem verändern muss und wird. Dazu wollen wir einen aktiven Beitrag leisten und nicht erst passiv darauf warten, dass die Transformation zu uns kommt. Das Gesundheitswesen hat noch sehr viel Potenzial. Darum haben wir extern in den letzten drei Jahren unser Netzwerk in der Innovationswelt ausgebaut, in die Schweizer Digital-Health-Welt, zu Start-ups und Gründern im Gesundheitswesen, aber auch zu Technologie-Partnern wie ABB und Siemens und etablierten Institutionen wie ETH, Universität Zürich, Fachhochschule Nordwestschweiz oder das Paul-Scherrer-Institut. Und intern haben wir unsere Prozesse für den Umgang mit Innovationen definiert. Wir machen das ja nicht aus einem philanthropischen Anspruch heraus. Wir wollen wirklich versuchen, als Spital insgesamt besser zu werden.
Was meinen Sie damit konkret?
Das heisst, dass wir transparent machen, nach welchen Kriterien wir Partner und Ideen aussuchen und welche Voraussetzungen vorliegen müssen, damit wir so eine Partnerschaft starten können. Diese Prozesse haben wir entwickelt, die notwendige Kommunikation dafür geschaffen und ein professionelles Projektmanagement aufgebaut. Es geht ja nicht nur darum, Ideen reinzuholen, sondern auch darum, diese Ideen umzusetzen und sehr strukturiert zu begleiten. Es bringt uns nicht weiter, am Ende einer Partnerschaft eine schöne Präsentation zu haben. Es geht allein darum, im Spital Verbesserungen einzuführen oder Innovationen, die das Gesundheitswesen insgesamt voranbringen.
Wie läuft dann der Auswahlprozess ab?
Entweder kommen externe Innovatoren über unser Netzwerk auf uns zu, das ist der Regelfall, oder wir erkennen bei uns intern einen Bedarf. Liegt eine konkrete Idee vor, beginnt ein standardisierter Prozess. Dabei wollen wir im Innovationsbereich am Anfang nicht zu stark auf die Strukturen pochen, um das Projekt nicht in Formalitäten zu ersticken. Es gibt vier bis fünf Stufen, die durchlaufen werden: Die Kontaktaufnahme, ein initiales Kennenlernen, das ich mit den Innovatoren oder dem Start-up führe, damit beide Seiten prüfen können, ob es überhaupt passt. Wenn das der Fall ist, suche ich bei uns die entsprechenden Experten, im medizinischen oder administrativen Bereich. Dort präsentiere ich kurz die Idee, um zu prüfen, ob das Vorhaben für den Fachbereich überhaupt von Interesse ist und wer weitere Ansprechpartner wären, die wir involvieren sollten. Ist das alles positiv, bauen wir ein kleines Gremium und laden das Start-up zu einem Pitch ein. Wir nennen das Pitch, aber das ist im Grund ein offener Austausch. Danach bewerten wir das Projekt nach unseren Kriterien.
Was für Kriterien sind das?
Sehr wichtig ist immer die jeweilige Fachmeinung aus dem Spital und der potenzielle Mehrwert für das KSB als Ganzes; und dann haben wir zusätzlich klassische Venture-Capital Kriterien, um Transparenz zu schaffen. Und wenn das alles stimmt, dann geht’s los.
Was passiert dann?
Wir setzen eine Projektvereinbarung auf, definieren den Rahmen. Abhängig von der Projektgrösse und den Ressourcen, die wir einsetzen müssen, haben wir natürlich auch interne Freigabeprozesse bis zur Geschäftsleitung und zum Verwaltungsrat hoch.
Welche Mittel stellen Sie zur Verfügung?
Grundsätzlich sind wir bereit, alle Ressourcen, die uns als Spital zur Verfügung stehen, in die Partnerschaft einzubringen. Das erfolgt immer bedarfsorientiert. Wir können beispielsweise in das Unternehmen investieren oder ein Budget für die Projektumsetzung bereitstellen, wir können Räumlichkeiten stellen, wir haben Daten, wir haben medizinisches Wissen, wir haben das Netzwerk. Das sind die Dinge, die wir einbringen. Wobei Patientensicherheit und Datenschutz immer an erster Stelle stehen.
Sind es eigentlich eher medizinische oder administrative Projekte, die Sie realisieren?
Es hält sich die Waage. Insgesamt kristallisieren sich vier Bereiche heraus: 1. Medizinische Innovation, also neue, technische Anwendungen für die Behandlung der Patienten; 2. Das Thema Virtualisierung der Behandlung. Wie schaffen wir es, unsere Angebote zum Patienten zu bringen? 3. Automatisierung: Hier gibt es zwei Ebenen, die Software-Automatisierung und die Robotik und 4. Das Thema Daten. Viele neue Entwicklungen brauchen eine gute Datengrundlage, die wir stellen können.
Ist das Thema Daten auch der Hintergrund für Ihre ETH-Kooperation?
Ja, genau. Wir stellen der ETH Daten zur Verfügung, um unsere Behandlungen zu optimieren, aber auch für die Forschung. Die ETH hat Fachleute, die extrem stark sind in der statistischen Analyse, in Auswertungen von medizinischen Daten, die uns wichtige Erkenntnisse bringen können. Und wir bringen neben den Daten unser medizinisches und klinisches Wissen ein. Das versuchen wir zusammenzubringen und schaffen eine Infrastruktur für unsere Ärzte, die auch sehr stark an der Forschung interessiert sind.
Lohnt sich der Innovation Hub auch finanziell?
Natürlich müssen wir anfangs investieren, aber wie erwähnt, halten wir die Strukturen schlank. Wenn man sieht, wie sich die Bewertungen unserer Beteiligungen entwickelt haben, erkennt man, dass es zum Teil einen hohen Return of Investment gibt. Und bei Projekten, bei denen wir keine Beteiligung haben, gibt es auch Modelle, bei denen wir in Zukunft am Umsatz beteiligt sind.
Wenn ein Spital etwas Ähnliches wie Ihren Hub aufbauen will, welche finanziellen Mittel müsste man in die Hand nehmen?
Eine Person sollte man schon für das gesamtheitliche Innovationsmanagement abstellen, so wie es in meinem Fall passiert ist. Und um nachhaltig Veränderung zu schaffen, braucht es sicherlich ein jährliches Budget. Die Höhe des Budgets bestimmt dann auch, wie viele Projekte parallel umgesetzt werden können.
8 Projekte des Health Innovation Hub
1 Aspaara – Optimierte Einsatzplanung Aspaara bietet ein datenbasiertes Tool mit künstlicher Intelligenz zur optimierten Einsatzplanung an. Im KSB wird daran geforscht, dieses Tool auch in der Pflege anzuwenden.
2 Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW – Simulierung des «Patientenpfades» KSB und FHNW gehen im Hinblick auf die Inbetriebnahme des KSB-Neubaus Agnes ein gemeinsames Innovationsprojekt an, das analysiert, wie die «Patientenpfade» im Spital optimiert werden können.
3 HeyPatient – Patienteninteraktion HeyPatient entwickelt gemeinsam mit dem KSB eine App, welche die Interaktion zwischen Patienten und Spital zukünftig einfach, zentral und innovativ gestaltet.
4 Imito – Wunddokumentation Mit Imito arbeitet das KSB schon eine Weile zusammen – derzeit entwickeln beide gemeinsam die EasyWorklist, eine Erweiterung der ImitoCam, welche in der Wunddokumentation eingesetzt wird.
5 In4Medicine – Selbsttriage Das KSB unterstützt In4Medicine in der Entwicklung einer App, mit deren Hilfe die Dringlichkeit von Patienten-Beschwerden datenbasiert ermittelt werden kann.
6 Sublimd – medizinische Dokumentation Das KSB startet im Department Frauen und Kinder ein Pilotprojekt mit dem Ziel, die medizinische Dokumentation zu vereinfachen und soweit wie möglich zu automatisieren.
7 SwissNuclides – Radionuklide SwissNuclides entwickelt neuartige Radionuklide zur Analyse und Bekämpfung von Krebszellen – das KSB unterstützt die Entwicklung mit einem Wandeldarlehen und einer Expertise.
8 ZippSafe – Aufbewahrungssysteme Gemeinsam mit ZippSafe entwickelt das KSB den ZippBag, ein innovatives Aufbewahrungsund Transportsystem für Patienteneffekte, das im Neubau zum Einsatz kommen wird