Eine unerwartete Krise wie die Corona-Pandemie stellt selbst profitable Organisationen vor grosse finanzielle Herausforderungen. Liquidität, welche für zukünftige Projektfinanzierungen zurückgestellt wurde, wird kurzfristig für die Deckung von Ertragsausfällen verwendet, und zusätzliche Kosten für mehr Personal sowie Hygiene- und Schutzmassnahmen belasten das Budget stark. Solche Szenarien wurden verständlicherweise vielfach nicht oder nicht in diesem Ausmass in der langfristigen Planrechnung einkalkuliert, können aber auf die Finanzierbarkeit von zukünftigen Bauund Sanierungs-Projekten einen erheblichen Einfluss haben.
Umso wichtiger ist es, die aktuelle Situation für die zukünftige Investitionsplanung zu berücksichtigen. Um zu beurteilen, ob und wann ein Projekt finanzierbar ist, braucht es eine langfristige Finanzplanung unter Einbezug diverser Faktoren, wie beispielsweise:
- Beurteilung der IST-Situation, insbesondere der aktuellen Verschuldung.
- Aktuelle Eigenmittel-Basis, welche man für die Investition einsetzen kann. Davon sollte ein kalkulatorischer Liquiditätspuffer abgezogen werden, um den operativen Betrieb auch in unvorhergesehenen Krisenzeiten sicherstellen zu können.
- Geschätzte Investitionskosten über die nächsten zehn Jahre.
- Annahmen zu zukünftigen Cashflows bis, während und nach der Bauphase (Einschätzung wie beispielsweise zu Bettenauslastung, Taxen oder Infrastrukturpauschale dienen unter anderem als wichtige Basis).
- Beurteilung des Normjahrs (Vollbetrieb) nach Fertigstellung des Projekts. Dies dient auch zur Berechnung der Dauer der Kapitalrückführung.
- Sonstige für die Zukunft relevanten Punkte, welche einen Einfluss auf die Finanzierung und die zugrunde liegende Tragbarkeit haben.
Annahmen über zukünftige Einflussfaktoren zu treffen, gestaltet sich oft schwierig, und es bleibt eine gewisse Planungsunsicherheit. Trotzdem ist es sehr wichtig, diese frühzeitig in der Planung zu berücksichtigen. Erste vorgängige Abklärungen und Analysen zu baulichen und betrieblichen Themen helfen, die entsprechenden Parameter, wie mögliches Bauvolumen, mögliche Bettenaufstockung oder Personalspiegel bereits zum heutigen Zeitpunkt möglichst realistisch darzustellen.
Maximalverschuldung als wichtiges Element der Finanzierbarkeit
Basis für die Finanzierbarkeit einer Investition ist die Ertragskraft des Unternehmens. Das heisst, welche Verschuldung sich ein Betrieb maximal leisten kann, damit diese aus Sicht eines potenziellen Kapitalgebers tragbar ist. Im Fokus stehen dabei die Zinslast, welche getragen werden muss, sowie die Rückzahlung der Schuld innerhalb eines gewissen Zeitraums. Der zugrunde liegende Parameter ist der EBITDA (Ertrag vor Zinsen, Abschreibungen und Steuern). Dieser Ertrag, welcher auch als zur Verfügung stehender Cashflow bezeichnet werden kann, kann für die Rückzahlung der Schuld und die Begleichung der Zinsen verwendet werden.
Sicherheitspuffer durch Anwendung eines kalkulatorischen Zinssatzes
Für die Berechnung der Tragbarkeit stehen neben der Amortisation des Kredits, welcher in der Regel bei Gesundheitsimmobilien innerhalb von 33 Jahren zurückbezahlt werden muss, die Zinskosten im Vordergrund. Die aktuellen Marktzinsen sind weiterhin historisch tief, und die effektiven Zinskosten scheinen in einer ersten Kalkulation meist tragbar. Die Kapitalgeber rechnen allerdings mit einer kalkulatorischen Tragbarkeit, bei welcher für die Kalkulation der potenziellen Zinskosten ein deutlich höherer Zinssatz als Basis genommen wird. In der «klassischen» Tragbarkeitsrechnung beträgt dieser Zins in der Regel 4,5–5%, also deutlich mehr, als das Zinsniveau von heute darstellt. Da Unternehmen mit öffentlich-rechtlichem Hintergrund in der Regel einen kostendeckenden Ansatz haben, sind entsprechend auch die Gewinnmargen tiefer. Dieser Umstand fliesst in die Beurteilung der Kapitalgeber mit ein, allerdings wird in jedem Fall, insbesondere aufgrund regulatorischer Vorgaben, ein grösserer Risikopuffer eingerechnet. Ist die Finanzierung einmal gesichert, können mit einer ausgearbeiteten langfristigen Zinsabsicherungsstrategie die Zinsrisiken relativ gut gesteuert werden. Dank der aktuell relativ flachen Zinskurve, welche auf die weite Sicht sogar invers ist, ist auch eine langfristige Zinsabsicherung durchaus attraktiv.
Die maximale Verschuldung im Verhältnis zur Ertragsstärke
Ein weiterer Faktor, welcher neben der kalkulatorischen Tragbarkeit die maximale Verschuldungskapazität mitdefiniert, ist der sogenannte EBITDA-Multiple. Dieser besagt, in wie vielen Jahren eine Schuld mittels dem EBITDA zurückbezahlt werden kann (Maximalverschuldung im Verhältnis zum EBITDA). Auch hier, wie schon bei der Berechnung der kalkulatorischen Tragbarkeit, unterscheiden sich die Ansätze zwischen öffentlich-rechtlichen Unternehmen und privaten Akteuren, für welche die Vorgaben in der Regel deutlich strenger sind.
Frühzeitige Berücksichtigung der Finanzierbarkeit entscheidend für erfolgreiche Investitionsprojekte
Mit einem langfristigen Finanzplan basierend auf den erwähnten Faktoren, lässt sich eine maximal mögliche Verschuldung errechnen und beurteilen. Auch wenn die Kalkulation und Einschätzung insbesondere aufgrund der aktuellen Dynamik nicht abschliessend ist und die Finanzierung je nach Kapitalgeber unterschiedlich eingeschätzt wird, hilft sie entscheidend dabei, zukünftige Finanzierungsprojekte möglichst realistisch einzuschätzen und zu planen. Wenn sich beispielsweise ein Alterszentrum oder ein Spital nach einer Ersteinschätzung eine maximale Finanzierung von CHF 20 Millionen leisten kann, sollte diese Überlegung unmittelbar in der Projektplanung berücksichtigt werden, zum Beispiel mit einem vorzeitig festgelegten Kostendach.
Gerade strategische Gremien müssen sich mit der Frage der Finanzierbarkeit unbedingt möglichst früh auseinandersetzen, da betriebliche Optimierungen, welche Einfluss auf die Finanzstärke haben, Zeit brauchen. Oft sind Entscheidungen, welche bereits in einer frühen Projektphase getroffen werden, wegweisend für den gesamten Projektverlauf, entsprechend sind diese sorgfältig zu fällen. Fliessen Überlegungen zur Finanzierbarkeit bereits frühzeitig in die Planung von Investitionsprojekten mit ein, können nicht nur Zeit, sondern auch erheblich Kosten gespart werden.