Mangelernährung führt dazu, dass operierte Patienten häufiger Komplikationen erleiden wie etwa Infektionen, durchschnittlich länger im Spital liegen und häufiger erneut aufgenommen werden müssen. Sie sind krankheitsanfälliger, reagieren weniger gut auf Medikamente und erholen sich nach einem Spitalaufenthalt langsamer. Dieser Missstand steigert auch die Gesundheitskosten: Mangelernährte Patienten zu heilen, kostet fast doppelt so viel wie normal ernährte Personen und die Betroffenen büssen Lebensqualität ein. Ernährungs-Massnahmen an Spitälern sind daher eine sinnvolle Investition.
Risikofaktoren für Mangelernährung stellen akute Erkrankungen, Operationen, Alleinleben sowie ein hohes Alter als solches dar. Bei alten Menschen ist mangelhafte Ernährung besonders risikoreich, da diese Gewichtsverluste nicht mehr so leicht ausgleichen können wie jüngere Menschen. Die Vorbeugung ist besonders wichtig, um den Verlust der Selbstständigkeit und das Auftreten schwerer Erkrankungen zu verhindern. Auch bei «institutionalisierten» Senioren kommt Mangelernährung vor. Eine französische Studie zeigte, dass demente Heimbewohner doppelt so häufig fehlernährt sind wie geistig fitte. Eine Studie im Wallis bestätigte den «Risikofaktor Pflegeheim».
Sehr frisch und knapp gegart
Die Nahrungsmenge, die ein alter Mensch aufnimmt, ist gering. Gute Qualität ist daher ein Muss. Aber gerade hier gibt es Probleme: Die Methoden der Zubereitung und Darreichung im Heim können kontraproduktiv sein: Wenn man pürierte Kost warmhält, bauen sich Vitamine sehr schnell ab. Daher sollen die Speisen sehr frisch und eher untergart sein. Und oft hat das Pflegepersonal keine Zeit zum «Füttern», oder die Essenszeiten sind zu kurz und zu früh. Doch das Problem beginnt früher: Die meisten Senioren zögern den Eintritt in ein Heim hinaus und versuchen, sich so lange wie möglich mit der Unterstützung von Familie, Spitex, Hauspflege und Mahlzeitendienst über Wasser zu halten. Die eigenen vier Wände bieten ihnen mehr Lebensqualität, lautet die Erfahrung von Pro Senectute Schweiz.
Viele Senioren ernähren sich etwa von Kaffee und Gipfeli, unbemerkt und unbewusst der Folgen, bis eines Tages ein Spitaleintritt nötig wird. Die meisten wissen zwar, was gesunde Ernährung bedeutet, aber bei der Umsetzung hapert es. Ebenso verringert eine Vereinsamung die Lust am Essen: In Gesellschaft essen Betagte mehr. Aber den Mahlzeitendienst dauernd zu beanspruchen, bedeutet für viele einen Verlust an Selbstständigkeit, den sie ungern zugestehen. Und dass sie die gelieferten Mahlzeiten wirklich verzehren, ist nicht immer gewährleistet.
Praktische Empfehlungen
In der Seniorenernährung ist generell eine salz-, zucker- und fettarme Kost zu empfehlen, die aber reich an Protein, Nahrungsfasern und Mikronährstoffen ist. Damit würden sich gemäss der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften ZHAW sogar Diätmenüs bei einigen Krankheiten erübrigen. Angereicherte Lebensmittel sind aber nur für Mangelernährte, Geschwächte oder Personen mit Schluckbeschwerden sinnvoll.
Um den Abbau der Muskel- und Knochenmasse zu minimieren, empfehlen internationale Fachgesellschaften neu für über 65-Jährige eine Proteinzufuhr von 1 g/kg Körpergewicht pro Tag. Im Vergleich zum jüngeren Erwachsenen ergibt sich daraus eine Steigerung um 0,2 g/kg Körpergewicht und Tag. Der Swissmilk-Newsletter für Ernährungsfachleute gibt praktische Tipps für Careköche: Geeignete Proteinquellen sind zum Frühstück beispielsweise Brot mit Käse oder magerem Fleisch, wahlweise auch ein Frühstücksei, dazu Milchkaffee. Das Mittagessen kann dann etwa Fleisch oder Fisch in Kombination mit Gemüse und Teigwaren enthalten. Zum Abendessen sind leichtverdauliche Varianten zu wählen, wie beispielsweise Frischkäse mit Schalenkartoffeln oder Brot und eventuell mageres Fleisch.
Ausreichende Zufuhr von Nahrungsfasern
Mit steigendem Lebensalter spielen ferner die Nahrungsfasern (Ballaststoffe) eine wichtige Rolle. Die Empfehlung der täglichen Zufuhr liegt bei 30 g/Tag. Die Umsetzung kann durch den Austausch von Lebensmitteln mit geringem Gehalt durch solche mit höherem Gehalt erfolgen. Dieser Austausch sollte langsam und behutsam erfolgen. Werden beim Frühstück zwei Scheiben Toastbrot à 25 g durch eine Scheibe Vollkornbrot à 50 g ersetzt, errechnet sich bereits dadurch eine Steigerung der Zufuhr um 2,4 g Nahrungsfasern. Darüber hinaus weisen Früchte und Gemüse einen sehr unterschiedlichen Gehalt auf. Während ein Apfel (125 g) ca. 2,5 g Nahrungsfasern enthält, sind in 100 g Weintrauben lediglich 1,6 g Nahrungsfasern enthalten. Ebenso enthalten Peperoni ein Vielfaches des Gehaltes an Nahrungsfasern im Vergleich zu Gewürzgurken.
Das Durstempfinden ist im Alter reduziert und oft fehlt ein angemessenes Verlangen nach Flüssigkeit. Daher besteht im Alter immer die Gefahr der Dehydratation und es gilt die Empfehlung, auch ohne Durstgefühl zu trinken und die empfohlene Trinkmenge im Blick zu behalten. Diese liegt bei ca. 1,5 bis 2 Liter pro Tag. Hilfreich kann es sein, bereits morgens die tägliche Mindest-Trinkmenge bereitzustellen. Das Trinken wird auch erleichtert durch eine gewisse Abwechslung bei der Getränkeauswahl.