Die prognostizierte Trendwende im Schweizer Gesundheitswesen ist eingetroffen: Zurzeit denken viele Schweizer Spitäler fundamental um, damit sie zukunftsfähig bleiben. Die Konsolidierung wird fortschreiten und den Markt in den nächsten Monaten weiter in Bewegung halten. Das PWC-Projektteam stellt einen Wechsel von volumenorientierten Wachstumsstrategien zu qualitätsgetriebenen Strategien in integrierten Versorgungsräumen fest.
In der Akutsomatik stiegen 2018 die stationären Fallzahlen im Vergleich zum langjährigen Mittel weniger stark an. Im ambulanten Bereich zeigt der TARMED-Eingriff Wirkung: Die Umsätze steigen weniger stark als die ambulanten Leistungsvolumen. Ambulante Geschäftsmodelle sollten schlank oder noch schlanker aufgestellt sein. Spitäler werden von rein ambulanten Akteuren bedrängt; es sei denn, sie bauen selber entsprechende Strukturen.
Die Profitabilität der Schweizer Spitäler mit einer EBITDAR-Marge von 7,5 Prozent im Median verharrt unter dem empfohlenen Zielwert von 10 Prozent. Die Eigenkapitalquoten der Akutspitäler sinken erneut, in einzelnen Fällen bedrohlich tief. In den nächsten Monaten und Jahren sind einige Sanierungsfälle zu erwarten. Hier müssen die öffentlichen (oder privaten) Eigner Eigenkapital und/ oder Liquidität bereitstellen. Oder es kommt zu einer Marktbereinigung.
Bislang hatte die TARPSY-Einführung keine negativen Auswirkungen auf die wirtschaftliche Gesundheit der Psychiatrie. Im Psychiatriemarkt gibt es zahlreiche Chancen durch die Netzwerkbildung. Eine Balance zwischen Spezialisierung in Zentren und regionaler Versorgung wird hierdurch erst möglich. Die Ambulantisierung ist gezielt zu adressieren. Der Fachkräftemangel stellt die Psychiatrien vor besondere Herausforderungen. In Zukunft erwarten die PWC-Experten ein schwierigeres Preis- und Margenumfeld auch für die Psychiatrien.
Die Rehabilitation weist ebenfalls eine tiefe Profitabilität aus. Ein wesentlicher Grund dafür sind zunehmend komplexe Fälle, die aus der Akutsomatik in die Rehabilitation verlegt werden. Im Alters- und Pflegeheimmarkt besteht ein hochfragmentierter Markt mit regionalen Überund Unterangeboten. Hier zeigt sich ein ähnlicher Trend «ambulant vor stationär»: einerseits über die Pflege zu Hause mit Spitex, andererseits über betreutes Wohnen.
Legt man die erwarteten Entwicklungen der untersuchten Teilmärkte übereinander, zeigen sich in den nächsten Jahrzehnten eine stark wachsende Nachfrage nach Gesundheitsdienstleistungen und somit steigende Kosten. Während wir davon ausgehen, dass die Kosten der Akutsomatik und Rehabilitation durch den medizinischen Fortschritt, die Alterung der Bevölkerung und neue Angebote relativ zum Bruttoinlandprodukt zunehmen, werden in der Psychiatrie insbesondere ambulante Leistungsangebote zu zusätzlichen Kosten führen.
Im Pflegemarkt ist mit dem Vorrücken der Babyboomer ins Rentenalter ab ca. 2023 ein mehrere Jahrzehnte andauernder Kostenanstieg zu erwarten. Insgesamt werden die Gesundheitskosten somit weiter in Richtung der 20-Prozent-Marke vom Bruttoinlandprodukt steigen. Neue Ansätze wie Value Based Healthcare sind daher gefragt.
Die Kapitalbeschaffung stellt für viele öffentliche Spitäler noch kein Problem dar, da zurzeit noch ausreichend Eigenkapital vorhanden ist und die Trägerschaft oft Garantien impliziert. Dennoch hinterfragen viele CFOs die Tragbarkeitsberechnung von Bauprojekten zu Recht kritisch. Die Beurteilung und der Vergleich von Bauprojekten ist aufgrund der Datenlage nach wie vor schwierig. Ein Blick nach Deutschland zeigt, dass bei den Baukosten beträchtliches Potenzial besteht, sei dies durch den Einbezug eines Immobilieninvestors oder durch den Fokus auf Prozesse und Betriebskosten.
Der finanzielle Druck erschwert nicht nur die Investitionen in die Infrastruktur, sondern auch in die Digitalisierung. Genau diese Investitionen sind jedoch notwendig, um langfristig nachhaltig erfolgreich zu sein. Die Spitäler brauchen eine gesunde Balance von Investitionen in Daten und Prozesse und in «Beton». Auch der Finanzfunktion bietet die Digitalisierung die Chance, das Spital finanziell hochstehender und effizienter zu steuern. Dazu entstehen derzeit interessante Projekte.
Die komplette PWC-Studie kann hier heruntergeladen werden: https://www.pwc.ch/de/insights/gesundheitswesen/spitalstudie-2019.html