Wie der Bundesrat lehnt H+ die Kostenbremse-Initiative ab, da es zu kurz greift, das Kostenwachstum im Gesundheitswesen an die Wirtschaftskonjunktur und an die Lohnentwicklung zu koppeln. Dies wäre nicht bedarfsgerecht und H+ befürchtet, wie auch der Bundesrat, dass es unter diesen Umständen zu Rationierungserscheinungen kommen könnte. Der medizinische Bedarf nimmt in einer Rezession nicht ab und bei Wirtschaftswachstum wieder zu. Der Verlauf ist tendenziell eher antizyklisch. Selbstverständlich kann die Finanzierung des Gesundheitswesens nicht gänzlich von der Wirtschaftsleistung eines Landes losgelöst werden. Aber eine zu enge Koppelung an das Bruttoinlandsprodukt oder an die Lohnentwicklung würde dem Bedarf an eine qualitativ hochstehende Versorgung nicht gerecht werden.
Auch der indirekte Gegenvorschlag ist aus Sicht von H+ der falsche Weg. Der Bundesrat möchte damit medizinisch nicht begründete Leistungen und ein entsprechendes Mengenwachstum verhindern. Dies lässt sich aber mit Kostenzielen nicht erreichen. Kostenziele betreffen alle Leistungen, also auch medizinisch begründete. Warum unter dem Regime von Kostenzielen nur gerade die medizinisch nicht begründeten unterlassen werden sollen, ist nicht nachvollziehbar.
Der indirekte Gegenvorschlag würde zudem die Abkehr vom regulierten Wettbewerb und die Einführung einer beim Bund zentralisierten, planwirtschaftlichen und rein kostenbasierten Steuerung des Gesundheitswesens bedeuten. Ein derart tiefgreifender Systemwechsel gefährdet die qualitativ hochstehende und innovative Gesundheitsversorgung in der Schweiz.
Der indirekte Gegenvorschlag würde ausserdem zu Verteilkämpfen führen auf den Ebenen des Bundes – aufgrund der Zuteilung der Leistungen zu den Kostenblöcken – und der Kantone mit der Festlegung der Kostenziele pro Kostenblock. Durch den Verteilkampf um die Kostenblöcke wird die Fragmentierung des Gesundheitswesens in 26 Kantonen, in Sektoren und Disziplinen («Silos») zementiert. Bestrebungen nach regionaler Planung und integrierter, sektorenübergreifender Koordination der Versorgung werden konterkariert. Aus Sicht von H+ wäre das ein Irrweg.
Anstatt Kostenzielen braucht es einen qualitätsfördernden und kostendämpfenden Strukturwandel in der Spitallandschaft, um dem Kostenwachstum entgegenzuwirken. Das Versorgungssystem muss unter Qualitätsaspekten gestaltet und die Anreizstrukturen müssen für eine optimale Nutzung der Ressourcen verändert werden.
Strukturwandel als Lösung vorzuziehen
Als Alternative zu den Vorlagen setzt sich H+ für einen kostendämpfenden, qualitätsfördernden Strukturwandel im Gesundheitswesen ein. Dabei werden mit geeigneten Qualitätsinstrumenten Anreize gesetzt, um unbegründete Leistungen zu vermeiden, die damit verbundene Mengenausweitung zu begrenzen und die Wirtschaftlichkeit zu fördern. Die besten Instrumente, um die Wirtschaftlichkeit (d. h. das Kosten-Nutzen Verhältnis) zu fördern, sind Qualitätsinstrumente. Durch die Schaffung einer hohen Ergebnistransparenz, d. h. einer erweiterten Sicht von Qualität und einem neuen Verständnis von Patientenorientierung. Qualität und Wirtschaftlichkeit werden langfristig gesichert mit:
- der breiten Aus- und Bewertung von Outcome-Indikatoren,
- der Festlegung und Messung vonDiagnose- und Indikationsqualität,
- mit Prozessmanagement.
Das Versorgungssystem muss unter Qualitätsaspekten gestaltet werden und die Anreizstrukturen müssen für eine optimale Nutzung der Ressourcen verändert werden, beispielsweise mit Patient Reported Outcome Measures (PROMS) und Pay for Performance. Im Übrigen können nur Effizienzgewinne dazu beitragen, dass auch den vielen weiteren Herausforderungen des Gesundheitswesens, wie beispielsweise dem Fachkräftemangel, dem technischen Fortschritt und den gehobenen Ansprüchen der Patientenklientel begegnet werden kann.
In dieser Rubrik äussern Vertreter aus dem Gesundheitswesen ihre Meinung zu aktuellen Themen.