Das elektronische Patientendossier (EPD) ist ein wichtiger Baustein auf dem Weg zu einer digitalen, vernetzten Gesundheitsversorgung. Es erleichtert unter anderem den Informationsaustausch und kann die Versorgung effizienter gestalten. Doch schweizweit nutzen aktuell gerade einmal knapp 1 Prozent der Bürger das digitale Dossier – es geht nur zögerlich voran. Mit einer umfassenden Revision des entsprechenden Bundesgesetzes (EPDG) will der Bundesrat das EPD nun weiterentwickeln. Um die Nutzung des EPD zu erhöhen, soll unter anderem dessen technische Infrastruktur neu zentralisiert vom Bund zur Verfügung gestellt werden.
Effizientere Versorgung dank EPD?
Ein digitaler Speicher, der alle wichtigen Gesundheitsinformationen eines Patienten umfasst, kann die Versorgung in mehrfacher Hinsicht verbessern. Konkret bedeutet das:
❱ Das EPD ermöglicht einen besseren Informationsaustausch zwischen Ärzten und Patienten und damit fundiertere Entscheidungen.
❱ Patienten erhalten mehr Kontrolle über ihre Daten, was Vertrauen und Adhärenz fördern kann.
❱ Gesundheitseinrichtungen können Arbeit und Kosten einsparen, weil doppelte Untersuchungen vermieden werden.
❱ Ein EPD erleichtert kollaboratives Arbeiten, z. B. im Hinblick auf Telemedizin.
❱ Das öffentliche Gesundheitswesen, die Politik und die Forschung profitieren, da z. B. frühzeitige Erkenntnisse über Krankheitsausbrüche möglich sind.
Noch sind diese Vorteile des EPD weitgehend Theorie. Damit sie Wirklichkeit werden, braucht es neue Ansätze im Umgang mit Daten. Mit der derzeitigen PDF-basierten Variante haben Ärzte zwar rasch Zugriff auf alle verfügbaren Patientendaten. Aber der Arzt muss alle Dokumente einzeln anschauen, ein automatischer Hinweis auf gefährliche Medikamenten-Wechselwirkungen ist beispielsweise nicht einfach möglich. Diese Art der Datennutzung setzt voraus, dass das digitale Dossier granulare Daten flexibel verarbeiten, in Echtzeit analysieren und austauschen kann. Und es muss reibungslos mit anderen Systemen und Services kommunizieren.
Leistungsfähiges, elektronisches Dossier: Worauf es ankommt
Neben der Dokumentenverwaltung benötigt das Dossier auch datenbasierte Funktionen wie erweiterte Auswertungen, BI-Tools und anpassbare Datendarstellungen. Dafür braucht es eine Technologie mit folgenden Eigenschaften:
Skalierbarkeit
Ein zukunftsfähiges EPD muss flexibel an Nutzerbedürfnisse anpassbar sein. Die zugrunde liegende Technologie muss in der Lage sein, grosse Mengen an Daten schnell und effizient zu verarbeiten und auszuwerten. Um sowohl eine steigende Anzahl von Nutzern als auch immer mehr Daten zu bewältigen, muss Skalierbarkeit gegeben sein. Die Technologie sollte einfach in bestehende Systeme integriert werden können und mit verschiedenen Dateiformaten kompatibel sein.
Verlässlichkeit
Ein bundesweites, digitales Projekt wie eine elektronische Patientenakte muss zuverlässig und stabil sein – auch bei grossen Datenmengen und wechselnden Anforderungen. Eine hybride transaktional-analytische Datenplattform, die Echtzeit- und historische Daten verarbeitet, ermöglicht dies.
Datenintegrität
Bei einem elektronischen Dossier spielen auch Datenintegrität und -konsistenz eine wichtige Rolle. Daher sollten internationale Standards wie FHIR, HL7 V2, IHE unterstützt werden, die einen reibungslosen Datenaustausch und verbesserte Workflows ermöglichen.
Sicherheit
Nicht zuletzt muss ein elektronisches Patientendossier höchste Anforderungen an Sicherheit erfüllen, wie zum Beispiel die EU-weit geltende DSGVO einhalten.
Ausblick
Ein zukunftsfähiges elektronisches Patientendossier sollte auch die Einbindung von KI ermöglichen, um beispielsweise Ärzte datenbasiert bei Entscheidungen zu unterstützen oder Krankheitsverläufe zuverlässiger vorherzusagen. Wenngleich die Zentralisierung des EPD mancherorts die Sorge vor einem Mammutprojekt hervorruft, sollte die Entwicklung nicht verzögert werden. Denn ein elektronisches Dossier ist ein zentraler Baustein einer digitalen und effizienten Versorgung von morgen.
Jochen Scharafin, Sales Executive DACH-Region, InterSystems GmbH