Bis anhin konnte eine Leber nur für wenige Stunden ausserhalb des Körpers aufbewahrt werden. Mit der neu entwickelten Perfusionsmaschine gelang es weltweit erstmals, diese Zeitspanne auf eine Woche zu verlängern – ein Durchbruch in der Transplantationsmedizin. Die entsprechende Studie wurde am 13. Januar im Wissenschaftsjournal «Nature Biotechnology» publiziert. Die Maschine imitiert den menschlichen Körper möglichst genau, um den Spenderlebern perfekte Bedingungen zu bieten. Eine Pumpe dient als Herzersatz, ein Oxygenator ersetzt die Lungen und eine Dialyseeinheit die Nieren. Daneben übernehmen zahlreiche Hormon- und Nährstoffinfusionen die Funktionen des Darms und der Bauchspeicheldrüse. Wie das Zwerchfell im menschlichen Körper bewegt die Maschine zudem die Leber im Takt der menschlichen Atmung. Die ausgeklügelte Technologie lässt sich bei Bedarf ferngesteuert betreiben.
Spenderlebern regenerieren
«Der Erfolg unseres Perfusionssystems eröffnet viele neue Möglichkeiten, Spenderlebern ausserhalb des Körpers zu überprüfen und zu behandeln und so den Patientinnen und Patienten mit schweren Leberkrankheiten zu helfen», erklärt Prof. Pierre-Alain Clavien, Direktor der Klinik für Viszeral- und Transplantationschirurgie am Universitätsspital Zürich (USZ) und Co-Leiter des Projekts Liver4Life. Zu Beginn des Projekts im Jahr 2015 konnte eine Spenderleber nur während maximal 24 Stunden in einer Maschine aufbewahrt werden. Die nun erreichte Überlebensdauer von sieben Tagen ermöglicht verschiedenste Behandlungen, beispielsweise zur Leberregeneration oder auch für onkologische Therapien. So wird es möglich, mangelhafte Spenderlebern zu retten und zu transplantieren.
Liver4Life: Ein Projekt von Wyss Zurich
Das Projekt Liver4Life ist unter dem Dach von Wyss Zurich entstanden, welches das hochspezialisierte technische Know-how und das biomedizinische Wissen von rund zehn Mediziner*innen, Biolog*innen und Ingenieur*innen des Universitätsspitals Zürich (USZ), der ETH Zürich und der Universität Zürich (UZH) zusammenbrachte. «Die grösste Herausforderung in der Anfangsphase unseres Projekts bestand darin, eine gemeinsame Sprache zu finden, die eine Verständigung über die jeweiligen Fachjargons der Spezialisten hinaus erlaubte», erklärt Prof. Philipp Rudolf von Rohr, Professor für Verfahrenstechnik an der ETH Zürich und Co-Leiter der publizierten Studie.
Technologie mit Potenzial
Für die Studie wurden zehn Spenderlebern in der Maschine aufbereitet, die alle nicht für eine Transplantation akzeptiert worden waren, weil deren Qualität zu gering war. Sechs dieser zehn Lebern wiesen nach der Perfusion in der Maschine eine hervorragende Funktionsfähigkeit auf. Dies zeigt das Potenzial der neuen Technologie. Gleichzeitig besteht ein grosser Bedarf nach funktionsfähigen Spenderlebern: Allein in der Schweiz warten derzeit zwei- bis dreimal so viele Menschen auf eine Leber wie tatsächlich transplantiert werden können. Die erste mit dem neuen Verfahren behandelte Leber dürfte 2020 eingesetzt werden.
Publikation
An integrated perfusion machine preserves injured human livers for one week
Nature Biotechnology.
https://www.nature.com/articles/s41587-019-0374-x