Problematik der Unter- und Mangelernährung


Die Ernährung spielt in Alterszentren, Pflegeheimen und Spitälern eine zentrale Rolle in der Prävention und Prophylaxe von Erkrankungen. Ernährungsmediziner und Wissenschaftler aus Deutschland analysieren die Thematik Unter- und Mangelernährung und schildern die Situation in Alterszentren und Pflegeheimen.

*Carl Meissner, Claudia Meissner, Markus Seewald, Karsten Ridwelski, Gerd Meissner

Eine flächendeckende Erfassung des Ernährungszustandes von Alten- und Pflegeheimbewohnern in Deutschland ist bis heute nicht gegeben. Allerdings weisen die vorhandenen Studien deutlich auf Ernährungsdefizite hin, wie es beispielsweise im Ernährungsbericht 2008 der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) deutlich wird. Im Rahmen einer ernährungsphysiologischen Multicenterstudie nahmen an dieser Untersuchung insgesamt 773 Bewohner aus 10 Altenpflegeheimen in 7 Bundesländern teil.
Im Ergebnis wurde deutlich, dass 24 Prozent der Pflegebedürftigen einen BMI unter 22 kg/m hatten. Dieser Wert gilt bei Senioren als Grenzwert zur Identifikation von Untergewicht. Damit liegt der BMI von Pflegeheimbewohnern unter dem von selbständig in Privathaushalten lebenden Senioren. Die Einschätzung des Ernährungszustandes mittels MNA verdeutlichte, dass knapp zwei Drittel der Bewohner von Mangelernährung betroffen waren oder ein Risiko dafür bestand. Rund 11 Prozent der Studienteilnehmer wiesen dabei einen schlechten Ernährungszustand auf. Im internationalen Vergleich liegt die Prävalenz von unzureichenden Ernährungszuständen in Bezug auf den MNA bei 2 bis 38 Prozent. Die Auswertung von Ernährungsprotokollen machte deutlich, dass im Mittel zu wenig oder gar kein Obst, Gemüse und Vollkornprodukte verzehrt werden. Dies führt zum Mangel an Ballaststoffen sowie bestimmten Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen. Insbesondere wurde zu wenig Vitamin E, Vitamin C, Folat, Calcium und Magnesium aufgenommen. Durchschnittlich ist die Energiezufuhr als ausreichend einzustufen, allerdings stammt die Energie oft aus süssen und fettreichen Lebensmitteln, die zwar gut akzeptiert werden, aber zu wenig essentielle Nährstoffe liefern. Je höher die Pflegestufe, desto unzureichender aber auch die Energieversorgung und damit die Versorgung mit Nährstoffen.

Ursachen für Organismusveränderungen
Somit müssen Senioren, insbesondere jene, die in Alten- und Pflegeheimen leben, als spezielle Risikogruppe für Unter- und Mangelernährung identifiziert werden. Ursache dafür sind die vielfältigen Veränderungen im alternden Organismus. Dazu zählen:

  • Abnahme des Seh-, Geschmacks- und Geruchsvermögens,
  • Kau- und Schluckbeschwerden,
  • Mundtrockenheit,
  • Veränderungen im Magen-Darm-Trakt,
  • Veränderungen im Wasser- und Elektrolythaushalt,
  • Abnahme der Muskelmasse,
  • Veränderungen im Stoffwechsel von Fetten, Kohlenhydraten und Proteinen,
  • Geistige und psychische Beeinträchtigungen

Nicht zu vernachlässigen sind Erkrankungen, die zu einer hohen Aufnahme an Medikamenten führen können, die ihrerseits Auswirkungen auf die Nahrungsaufnahme haben und zum Beispiel Hunger, Appetit, Geschmacksempfinden oder die Nährstoffaufnahme beeinträchtigen können.
Aus der Paderborner Seniorenstudie geht hervor, dass 14,5 Prozent der Studienteilnehmer einen schlechten Appetit aufwiesen, 19,8 Prozent einen ungewollten Gewichtsverlust in den letzten 12 Monaten zu verzeichnen hatten, 22 Prozent über gelegentliche und 3 Prozent über permanente Kau- und Schluckbeschwerden klagten. Da diese Veränderungen im Alter oft nur unzureichend berücksichtigt werden, fiel auch in dieser Studie auf, dass trotz Kau- und Schluckbeschwerden die Kostform bei vielen Senioren nicht adaptiert wurde.

Praxisempfehlungen
Ziel aller Ernährungsmassnahmen im Alter sollte sein:

  • Verminderung oder Behebung einer Mangelernährung,
  • Erhaltung und Verbesserung der Lebensqualität,
  • Erhaltung von Funktionen,
  • Vermeidung beziehungsweise Verzögerung von Krankheiten,
  • Verminderung vorzeitiger Pflegebedürftigkeit

Um dies zu gewährleisten, sollten aufgrund des verringerten Energiebedarfs besonders Lebensmittel mit einer hohen Nährstoffdichte eingesetzt werden, da der Nährstoffbedarf im Alter im Gegensatz zum Energiebedarf nicht reduziert ist. Grundsätzlich sollte die Ernährung ausgewogen sein und alle Elemente des Ernährungskreises beinhalten. Gleichzeitig ist zu beachten, dass Senioren herzhafte, traditionelle Gerichte bevorzugen. Auf individuelle Vorlieben und Abneigungen sollte geachtet werden. Vorliegende Erkrankungen sowie die Fähigkeiten der einzelnen Personen müssen entsprechend Berücksichtigung finden. Dazu gehört es auch, verordnete Diäten kritisch zu überprüfen und sinnvoll einzusetzen, um nicht unnötige Lebensmittelver- und -gebote Anwendung finden zu lassen. Bei vorliegenden Kaubeschwerden sollte das Essen durch Kleinschneiden, Raspeln und Pürieren angepasst werden. Bei Schluckbeschwerden kann die Konsistenz durch Verdünnen oder Andicken verändert werden. Bei bestehenden Schwierigkeiten im Umgang mit Besteck sollte Fingerfood (z.B. Brothappen, belegte Kräcker, geschnittenes Gemüse, Obstschnitze) zum Einsatz kommen. Letztendlich ist auch die Essensatmosphäre ausschlaggebend, so fördert eine angenehme Umgebung mit einem schön dekorierten Tisch und appetitlich angerichteter Speisen den Appetit.

Regelmässige Flüssigkeitszufuhr
Da oft nur noch kleine Portionen gegessen werden, sollte es 5 bis 6 Mahlzeiten pro Tag geben, die einen hohen Nährstoffgehalt aufweisen. Somit sollten zum einen nährstoffdichte Lebensmittel ausgewählt werden, zum anderen sollte die Zubereitung nährstoffschonend sein. Lange Warmhaltezeiten sind zu vermeiden.
Problematisch ist häufig auch die Flüssigkeitszufuhr. Da auch der Durst mit dem Alter nachlässt, wird oftmals zu wenig Flüssigkeit aufgenommen. Ziel sollte es aber sein, 1,5 bis 2 Liter Flüssigkeit pro Tag aufzunehmen, zum Beispiel in Form von Mineralwasser, Kräuter- und Früchtetees, verdünnte Fruchtsäfte oder Molke. Über Nahrungsmittel, die reich an Flüssigkeit sind, wie Melone, Gurke oder Suppen lässt sich die Flüssigkeitszufuhr verbessern. Führen die genannten Massnahmen nicht zum Erfolg, sollte eine orale Aufbau- respektive Zusatznahrung in den Speiseplan integriert werden. Diese Trinknahrungen können beispielsweise als Zwischenmahlzeiten eingesetzt werden. Sie gibt es von unterschiedlichen Firmen und unterscheiden sich im Energie- und Nährstoffgehalt. So können sie gut auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmt werden. Erst wenn die genannten Massnahmen ausgeschöpft sind und sich der Ernährungszustand nicht verbessern lässt, ist über die künstliche Ernährung im Sinne einer enteralen oder gar parenteralen Ernährung nachzudenken.
Um aber überhaupt ernährungsrelevanten Massnahmen festzulegen, sind eine regelmässige Gewichtskontrolle, eine regelmässige Überwachung der Ernährung sowie eine rechtzeitige Diagnose von Ernährungsrisiken und Mangelernährung von fundamentaler Bedeutung. Da dies bisher zur unzureichend umgesetzt wird, ist es sinnvoll, Mitarbeiter der Altenpflege regelmässig und verpflichtend in diesem Bereich weiterzubilden. Grundsätzlich wäre auch in der Altenpflege der Einsatz von interdisziplinären Ernährungsteams wünschenswert.

Das Fazit
Unter- und Mangelernährung ist ein Risikofaktor in Alterszentren, Pflegeheimen aber auch in Spitälern und Kliniken, der alle klinischen Faktoren beeinflusst: vor allem die Letalität, Morbidität, Verweildauer im Krankenhaus, die Komplikationen, den Therapierfolg und nicht zu unterschätzen, die Lebensqualität des Patienten. Um Erfolg in den Therapien zu haben, ist die frühzeitige, gezielte Erfassung des Ernährungszustandes notwendig, um die leitliniengerechte Umsetzung der erarbeiteten Ernährungskonzepte anhand des Stufentherapieschemas durchzusetzen. Erfolg garantieren nur die konsequente Umsetzung der erstellten Ernährungskonzepte, die den Energie- und Proteinhaushalt des Patienten erhalten und verbessern müssen. Die Evaluationsscores sind eine sichere Basis für die Erfassung einer Unter- und Mangelernährung. Trink-, Zusatz- und Sondennahrung haben einen hohen therapeutischen Nutzen. Die setzt ein qualifiziertes Ernährungsteam voraus. Dieses Team ist für die Umsetzung der Leitlinien verantwortlich. Europaweite Studien und Metaanalysen bestätigen eindrucksvoll die Wichtigkeit einer medizinischen Ernährungsanalyse bei jedem aufgenommenen, stationär verbleibenden Patienten.

* Dr. med. C. Meissner, Ernährungsmediziner, Klinikum Magdeburg GmbH, carl.meissner(at)klinikum-magdeburg.de

Co-Autoren sind: Claudia Meissner, Hochschule Anhalt; Markus Seewald, Hochschule Anhalt; Karsten Ridwelski, Klinikum Magdeburg; Gerd Meissner, Carl-von-Basedow Klinikum Saalkreis, Bereich Querfurt und Hochschule Anhalt Literaturnachweise befinden sich bei den Verfassern


Heime und Spitäler Ausgabe 1 März 2016

EVENTS

SBK Kongress

Kongress vom Berufsverband der diplomierten Pflegefachpersonen der Schweiz

Datum: 02.-03. Mai 2024

Ort: Bern (CH)

ICV Gesundheitstagung Schweiz

Controlling im Spannungsfeld von Innovation, Kostenmanagement und digitaler Transformation.

Datum: 07. Mai 2024

Ort: St. Gallen (CH)

HealthEXPO

Gesundheit, New Health Care und Zukunftsform

Datum: 25. Mai 2024

Ort: Basel (CH)

drupa

Weltweit führende Fachmesse für Drucktechnologien

Datum: 28. Mai-07.Juni 2024

Ort: Düsseldorf (D)

Vorsorge-Symposium

Fachmesse 2. Säule sowie ein Vorsorge-Symposium

Datum: 5. - 6. Juni 2024

Ort: Zürich (CH)

ArbeitsSicherheit Schweiz

Fachmesse für Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz

Datum: 05.-06. Juni 2024

Ort: Zürich (CH)

Achema

Internationale Leitmesse der Prozessindustrie

Datum: 10.-14. Juni 2024

Ort: Frankfurt am Main (D)

Swiss Medtech

Mastering Complexity

Datum: 11. Juni 2024

Ort: Bern (CH)

PFLEGE PLUS

Die Fachmesse PFLEGE PLUS bringt Fachbesucher mit ausstellenden Unternehmen, Branchenverbände sowie Experten des Pflegemarkts zusammen.

Datum: 14.-16. Mai 2024

Ort: Stuttgart (D)

MedtecLIVE with T4M

Fachmesse für die gesamte Wertschöpfungskette der Medizintechnik

Datum: 18.-20. Juni 2024

Ort: Stuttgart (D)

Blezinger Healthcare

9. Fachkonferenz – Das Pflegeheim der Zukunft

Datum: 20.-21. Juni 2024

Ort: Luzern (CH)

Blezinger Healthcare

9. Fachkonferenz - Das Pflegeheim der Zukunft

Datum: 20.-21. Juni 2024

Ort: Luzern (CH)

e-Healthcare Circle

Immer wieder wird erzählt, welche positiven Wirkungen Digitalisierung auf das Gesundheitswesen haben kann.

Datum: 21. Juni 2024

Ort: Zürich (CH)

all about automation

Fachmesse für Industrieautomation

Datum: 28.-29. August 2024

Ort: Zürich (CH)

maintenance Schweiz

Schweizer Fachmesse für industrielle Instandhaltung und Facility Management

Datum: 28.-29. August 2024

Ort: Zürich (CH)

Blezinger Healthcare

14. Fachkonferenz – Das Spital der Zukunft

Datum: 10.-12. September 2024

Ort: Bern (CH)

Immohealthcare

Ein Treffpunkt für die Healthcarebranche

Datum: 18. September 2024

Ort: Basel (CH)

Ilmac Lausanne

Networking. Forum. Aussteller

Datum: 18.-19. September 2024

Ort: Lausanne (CH)

FachPack

Europäische Fachmesse für Verpackung, Technik, Veredelung und Logistik

Datum: 24.-26. September 2024

Ort: Nürnberg (D)

Rehacare

Die REHACARE ist die internationale Fachmesse für Rehabilitation, Prävention, Inklusion und Pflege.

Datum: 25.-28. September 2024

Ort: Düsseldorf (D)

IN.STAND

Die Messe für Instandhaltung und Services

Datum: 08.-09. Oktober 2024

Ort: Stuttgart (D)

Chillventa

Weltleitmesse der Kältetechnik

Datum: 08.-10. Oktober 2024

Ort: Nürnberg (D)

SIAL

Fachmesse für Nahrungsmittel-Innovationen

Datum: 19.-23 Oktober 2024

Ort: Paris (F)

ZAGG

DER BRANCHENTREFFPUNKT MIT RELEVANTEN GASTRO-TRENDS

Datum: 20.-23. Oktober 2024

Ort: Luzern (CH)

IFAS

Fachmesse für den Gesundheitsmarkt

Datum: 22.-24. Oktober 2024

Ort: Zürich (CH)

ALL4PACK EMBALLAGE

The global marketplace for Packaging Processing Printing Handling

Datum: 04.-07. November 2024

Ort: Paris (F)

5. Future Food Symposium

 «Made in Switzerland - Gute Partnerschaften für mehr Ernährungssouveränität»

Datum: 8. Februar 2024

Ort: Online-Event (CH)

Medica

Die Weltleitmesse der Medizinbranche

Datum: 11.-14. November 2023

Ort: Düsseldorf (D)

AUTOMA+

Pharmaceutical Automation and Digitalisation Congress 2024

Datum: 18.-19. November 2024

Ort: Geneva (CH)

Swiss Handicap

Nationale Messe für Menschen mit und ohne Behinderung.

Datum: 29. November-1. Dezember 2024

Ort: Luzern (CH)

BioFach

Weltleitmesse für Bio-Lebensmittel

Datum: 11.-14. Februar 2025

Ort: Nürnberg (D)

Gastia

Die Fach- und Erlebnismesse für Gastfreundschaft

Datum: 23.-25. März 2025

Ort: St.Gallen (CH)

TUTTOFOOD

Internationale B2B-Messe für Food & Beverage

Datum: 05.-08. Mai 2025

Ort: Mailand (I)

LABVOLUTION

Europäische Fachmesse für innovative Laborausstattung und die Optimierung von Labor-Workflows

Datum: 20.-22. Mai 2025

Ort: Hannover (D)

Automatica

Die Leitmesse für intelligente Automation und Robotik

Datum: 24.-27. Juni 2025

Ort: München (D)

Oils + fats

Leitmesse der Öl- und Fettindustrie in Europa.

Datum: 15.-19. September 2025

Ort: München (D)

Ilmac

Fachmesse für Prozess- und Labortechnologie

Datum: 16.-18. September 2025

Ort: Basel (CH)

Swiss Medtech Expo

Fachmesse und Symposium: Inspiration, Weiterbildung und Netzwerk

Datum: 16. - 17. September 2025

Ort: Luzern (CH)

AM Expo

Fachmesse und Symposium: Inspiration, Weiterbildung und Netzwerk

Datum: 16.-17. September 2025

Ort: Luzern (CH)

CMS Berlin

Internationale Leitmesse für Reinigung und Hygiene

Datum: 23.-26. September 2025

Ort: Berlin (D)

POWTECH

Pharma.Manufacturing.Excellence

Datum: 23. - 25. September 2025

Ort: Nürnberg (D)

Anuga

Weltweite Ernährungsmesse für Handel und Gastronomie/Ausser-Haus-Markt

Datum: 04.-08. Oktober 2025

Ort: Köln (D)

A + A

Messe und Kongress für Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit

Datum: 04.-07. November 2025

Ort: Düsseldorf (D)

igeho

Internationale Branchenplattform für Hotellerie, Gastronomie, Take-away und Care

Datum: 15.-19. November 2025

Ort: Basel (CH)

Pumps & Valves

Die Fachmesse für industrielle Pumpen, Armaturen & Prozesse

Datum: 26. - 27. November 2025

Ort: Zürich (CH)

interpack

Führende Messe für Prozesse und Verpackung

Datum: 07.-13. Mai 2026

Ort: Düsseldorf (D)

Bezugsquellenverzeichnis