Hugo Keune, Vorsitzender der Geschäftsleitung des Kantonsspital Graubünden

Schweizer Spitaltarife. Eine Tragödie in drei Akten

Publiziert

Hugo Keune, Vorsitzender der Geschäftsleitung des Kantonsspital Graubünden, über die Spitaltarife.

Erster Akt: Der Aufbruch

Die neue Spitalfinanzierung wurde im Jahr 2012 mit Bangen und Hoffen eingeführt. Die Pauschalen zwangen die Spitäler, die Verweildauern zu senken und die Ressourcen auszulasten. Der Preis im stationären Bereich (Baserate) wurde mittels Benchmarking gesetzt. Wer seine Auslastung, Prozesse, Kosten, Kodierung und Abrechnung nicht im Griff hatte, bekam rasch wirtschaftliche Probleme. Es gab aber auch Hoffnung: Die Spitäler bekamen neue unternehmerische Freiheiten. Über Angebot und Investitionen entschied neu – wie bei jedem Unternehmen – das Spital selbst. Die Preise wurden zwischen Versicherern und Spitälern verhandelt. Es gab einige gerichtliche Verfahren. Diese wurden damals Kinderkrankheiten bei der Gesetzgebung zugeschrieben. So galt es zum Beispiel zu klären, ob Spitäler überhaupt Gewinn machen durften und auf welchem Perzentil und welcher Datenbasis der Benchmark gesetzt werden sollte. Grössere Endversorger konnten zudem nachweisen, dass das System SwissDRG nicht alle systematischen Unterschiede fair abbildet und differenzierte Preise für ein gerechtes Wettbewerbssystem weiterhin nötig sind. Die ambulanten und stationären OKP-Tarife waren zwar schon damals deutlich entfernt von einer Kostendeckung. Die Margen im Bereich der zusatzversicherten Patienten liessen jedoch OKP-Preise deutlich unter Kosten zu; die notwendige EBITDA-Marge von 10 Prozent wurde mehr oder weniger erreicht. Die Stückkosten (Fallnormkosten) sanken, die Effizienz nahm zu. Das Kostenwachstum im stationären Bereich konnte deutlich gedämpft werden und entwickelte sich tiefer als in anderen Bereichen.

Zweiter Akt: Die Krise

Die Krise setzte bereits vor COVID ein. Der Benchmark für die stationären Tarife bewegte sich schrittweise nach unten. Faktisch pendelten sich die Preise bereits vor der Pandemie auf dem 25. Perzentil ein. Der Konkurs eines öffentlichen Spitals schien jedoch noch fern, Veränderungen in den Strukturen wurden von den Trägerschaften der Spitäler nicht konsequent angegangen. Die EBITDA-Margen bewegten sich schrittweise nach unten («race to the bottom»). Dann folgten innert kurzer Zeit drei entscheidende Entwicklungen für die Schweizer Spitäler:
❱ Die FINMA knöpfte sich die Preise im Bereich der Spital-Zusatzversicherungen vor und führte faktisch einen Tarifschutz und eine Regulierung in diesem Bereich ein.
❱ Der Kampf gegen COVID ging einher mit einer starken Regulierung, einem starken Kostenwachstum (Personal, Material) bei gleichzeitig tieferen Fallzahlen (Verbot elektiver Eingriffe). Die Fallnormkosten schossen in die Höhe. Die Versicherer waren nicht bereit, diese Fallnormkosten als Basis für die Preisbildung zu akzeptieren, und die Spitäler blieben infolgedessen auf Defiziten und strukturellen Mehrkosten sitzen. Die Beiträge der Kantone fingen diese Entwicklung nur partiell auf (Beschränkung auf OKP stationär) und führten zu erheblichen Marktverzerrungen, weil sich die Unterstützungen kantonal stark unterschieden.
❱ COVID und der Krieg in der Ukraine führten zu Kostenexplosionen bei einzelnen Ressourcen (Sachkosten, Energiekosten, Baukosten) und zu einer allgemeinen Teuerung, wie sie vorher 15 Jahre nicht mehr zu sehen war. Zwischen 2021 und 2024 sind 8 Prozent Teuerung angefallen. Gleichzeitig gingen die VVG-Preise zurück. Die ambulanten Tarife wurden politisch eingefroren, weil die Politik offenbar nichts mehr fürchtet, als Steigerungen bei den Krankenkassenprämien. Die Krankenversicherer weigern sich, die höheren Fallnormkosten aufgrund von COVID oder Teuerung anzuerkennen. Tarifverfahren wurden und werden von den Versicherern mit komplexen und ungebührlich umfangreichen Rechtschriften bekämpft. Viele kantonale Ämter und auch das Gericht verfügen nicht über die notwendigen Mittel, um der Komplexität und der Anzahl der Verfahren rasch genug begegnen zu können. Aus der Margenkrise wurde damit eine Liquiditätskrise. Besonders die Ablösung von Fremdkapital am Kapitalmarkt erweist sich zunehmend als mögliches
Fallbeil für die Spitäler.

Je knapper die Mittel werden, desto stärker sind die Spitäler gezwungen, bei den Preisverhandlungen Kompromisse einzugehen, um zumindest kurzfristig die Liquidität sicherzustellen. Die Margenkrise akzentuiert sich. Gleichzeitig nahm die Nachfrage nach unterfinanzierten Leistungen stark zu. Die Defizite weiteten sich aus. Auf der regulatorischen Seite prasselten stets neue, kostentreibende Vorgaben auf die Spitäler ein. Ohne finanzielle Unterstützung oder implizite Garantien der öffentlichen Hand wäre bereits eine Vielzahl von namhaften Spitälern Konkurs oder illiquide. Die Marktverzerrungen nehmen stark zu.

Dritter Akt: Erkenntnis und Hoffnung

Die Versicherer sehen in der Anzahl Spitäler die Hauptursache der Probleme. Nur: Selbst bei weniger Spitälern hätten wir immer noch gleich hohe Fallzahlen. Es bräuchte neue Spitäler an anderen Standorten, um die Bereinigung umzusetzen. Bestehende Infrastruktur müsste vernichtet und abgeschrieben werden. Für eine solche Transformation braucht es eine zentrale Planung. Kantone und Gemeinden müssten das Eigentum an den Spitälern aufgeben. Faktisch käme eine zentrale Spitalplanung auf dem Reissbrett einer Enteignung der privaten und öffentlichen Eigentümer gleich. Den Versicherern fehlt eine strategische Vision, wie die Spitallandschaft Schweiz und damit die Verteilung der stationären Leistungen aussehen soll. Es gibt keinen Vorschlag der Versicherer, welche Spitäler es mit welchen Angeboten und mit welchen Trägerschaften geben sollte. Und zu guter Letzt stellt sich die Frage, ob die Bevölkerung tatsächlich Freude hat an Spitalschliessungen und einer Einschränkung des Angebots. 50 Prozent aller Versicherten leisten sich eine Zusatzversicherung, 30 Prozent haben eine Prämienverbilligung, nur rund 8 Prozent wechseln Ende Jahr die Versicherung. Gemessen an den Bruttolöhnen bezahlt man für Gesundheit nicht mehr als vor 20 Jahren, und dem Mittelstand geht es immer noch sehr gut. Gesundheit ist den Menschen viel wert. Und was viel wert ist, kostet. Die Versicherer versprechen ihren Kunden hervorragende Leistungen, wohnortsnah, rasch verfügbar. Das geht nicht ohne Spitäler und schon gar nicht ohne Gesundheitspersonal. Diese Erkenntnis wird sich hoffentlich rasch durchsetzen bei den Krankenversicherern und den zuständigen Instanzen für Tarifgenehmigungen. Ansonsten wird eine schleichende Verstaatlichung des Gesundheitswesens stattfinden. Dringend benötigtes Fachpersonal wird fehlen. Investitionen in Digitalisierung und Infrastruktur werden ausbleiben. Nachfolgende Generationen werden diese Versäumnisse zu spüren bekommen.

Hugo Keune, Vorsitzender der Geschäftsleitung des Kantonsspital Graubünden

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