Spätestens seit der Einführung der Fallzahlen im Schweizer Gesundheitswesen sind die Effektivität und Effizienz ein Thema. Der Bundesrat doppelt in der
gesundheitspolitischen Strategie 2020–2030 mit dem Fokus auf ein bezahlbares Gesundheitswesen nach. Dabei ist nicht nur der medizinische Bereich gemeint, sondern die gesamte Leistungserbringung. Die Forschungsgruppe «FM in HC» hat sich auf betriebsökonomische Fragstellungen in der nicht-medizinischen Leistungserstellung von Gesundheitsorganisationen spezialisiert. In vielen Projekten wurden und werden Fragen wie strategisch-taktisch-operative Abstimmungen, Prozessoptimierungen, Digitalisierung und eben auch Kennzahlen untersucht und Handlungsempfehlungen für Verantwortliche in der Praxis entwickelt.
Wie den nicht-medizinischen Kennzahlen-Dschungel lichten?
Auf der Landkarte der nicht-medizinischen Supportleistungen in Gesundheitsorganisationen stehen die Logistik, Infrastruktur, Sicherheit, Hygiene, Hotellerie. Es wird schnell klar: Es handelt sich um ein breites Feld mit unterschiedlichen Hintergründen, Tätigkeiten und Ausrichtungen; jeder Bereich und Fachbereich hat also unterschiedliche Bedürfnisse an Kennzahlen, welche bereits im Vorfeld in einer Bestandsaufnahme systematisch eruiert worden waren www.zhaw.ch/ifm/fm-healthcare/kenkas. Die Frage war nun aber: Wie können diese Zahlen in Bezug zueinandergebracht und so aggregiert werden, dass mit wenigen Werten eine erste Lagebeurteilung möglich ist und bei Bedarf in die Tiefe gegangen werden kann?
Vom bekannten ins unbekannte Terrain und zurück – methodischer und inhaltlicher Balanceakt
Geplant war, sich zusammen mit Praxispartnern vom Basislager aus auf die gemeinsame Erkundungsreise zu begeben. Leider zeigten sich aber trotz anfänglichem Interesse nur wenige bereit, sich auf den Weg zu begeben – sei es aufgrund fehlender Daten, Zeit oder interner Unterstützung.
Dies führte dazu, dass wir vorerst in der Theorie Zuflucht suchten: Aufgrund der komplexen Ausgangslage haben wir den multi-perspektivischen
Ansatz weiterverfolgt. Die Balanced Scorecard mit den Perspektiven Finanzen, Kunden, Prozesse und Entwicklung hat sich in der Praxis bereits bewährt, und auch aus dem medizinischen Gesundheitskontext konnten wir Grundlagen heranziehen. Um den Qualitätsaspekt zu vertiefen, haben wir EFQM-Ansätze generell und spezifisch aus dem Gesundheitskontext zugefügt. Und als konkrete nicht-medizinische Grundlage haben wir
zudem unsere Erkenntnisse aus dem Vorgängerprojekt «Kennzahlenkatalog KenkaS» herangezogen.
Dann kam die Frage der Darstellungsart dazu, welche dem Ansatz der Multiperspektive gerecht werden muss. Die Wahl fiel auf das Netzwerkdiagramm. Hiermit können in einheitlicher Form Plan- und Ist-Werte aus den unterschiedlichen Perspektiven zusammenfassend dargestellt werden. Das Prinzip ist flexibel und kann innerhalb des eigenen Fachbereichs, aber auch im Verhältnis zu übergeordneten Bereichen verwendet werden.
Aufruf an die Praxis: Lasst uns gemeinsam zum Gipfel aufbrechen
Auf dem Weg trafen wir dann doch noch Weggefährten an: Es zeigte sich, dass parallel zum theoriegetriebenen Ansatz in der Praxis ein ganz ähnlicher Ansatz verfolgt wird, welcher offensichtlich auch mit der Speisung von Daten aus unterschiedlichen Systemen funktioniert – ein Lichtblick!
Zusammenfassend lässt sich sagen: Wir konnten Erkenntnisse gewinnen und einige Grundlagen erarbeiten; die gesammelten Erkenntnisse aus Theorie und Praxis sind systematisch dokumentiert und unter www.zhaw.ch/ifm/fm-healthcare/ kensys frei zugänglich. Aber den Gipfel haben wir (noch) nicht erreicht. Wir sind im Lager 1 gestrandet, und ohne Partizipation der Praxis wird es nicht weitergehen. In diesem Sinne hier ein Aufruf an die Verantwortlichen der Supportbereiche in Gesundheitsorganisationen: Treten Sie mit uns in einen Dialog! Geben Sie uns Feedback zu den gemachten Vorschlägen! Berichten Sie uns von gemachten Erfahrungen – was funktioniert, was nicht? Tragen Sie dazu bei, dass wir in einer Theorie-Praxis-Seilschaft dereinst den Kennzahlensystem-Gipfel erklimmen!
Forschungsgruppe FM in HC
Die Forschungsgruppe FM in HC am Institut für Facility Management (IFM) an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) erforscht
und bearbeitet – auf strategischer, taktischer und operativer Ebene – Themen der personenbezogenen Dienstleistungen im und für das Gesundheitswesen. Gemeinsam mit Wirtschaftspartnern und anderen Wissensinstitutionen werden Analysen vorgenommen, praxistaugliche Lösungen entwickelt und deren Umsetzung begleitet. Dabei wird auf internationale Best Practice sowie auf wissenschaftlich fundierte Grundlagen aufgebaut.
www.zhaw.ch/ifm/fm-healthcare
Dr. Nicole Gerber hat Betriebsökonomie und Wirtschaftsinformatik studiert. Sie unterrichtet Projektmanagement an der ZHAW und leitet Forschungs- & Entwicklungs- und Dienstleistungsprojekte mit Schwerpunkt «Nicht-medizinische Leistungen in Gesundheitsorganisationen». Gleichzeitig arbeitet sie als
Mandatsleiterin Gesundheitswesen bei BEG & Partners AG. In diesem Kontext ist sie Mitglied in mehreren Gremien, publiziert regelmässig und
tritt national und international als Referentin auf.
Kontakt: nicole.gerber(at)zhaw.ch