Die Schweizer Medizintechnikindustrie wächst seit Jahren. Sie beschäftigt rund 63'000 Personen und schuf allein in den letzten zwei Jahren 4’500 neue Arbeitsstellen in der Schweiz. Die 1400 Unternehmen erwirtschafteten 2019 einen Umsatz von 17.9 Milliarden Franken. Der Exportanteil liegt mit 12 Milliarden Franken bei 67 Prozent. Importiert hat die Schweiz Medizinprodukte im Wert von 5.9 Milliarden Franken. Die Schweizer Medizintechnikindustrie trägt damit beachtliche 16.4 Prozent zur positiven Handelsbilanz der Schweiz bei.
Wichtigste Handelspartnerin ist unverändert die Europäische Union (EU). Sie nimmt der Schweizer Medizintechnikindustrie 46 Prozent ihrer Exporte ab. Umgekehrt stammen 54 Prozent des in die Schweiz importierten Medtech-Volumens aus der EU. Für das COVID-geprägte Jahr 2020 prognostiziert die Branche vorsichtig einen Umsatzrückgang um zwei Prozent, für das Folgejahr zuversichtlich ein Wachstum von über acht Prozent.
Mehr als zwei Drittel aller Unternehmen planen in den nächsten zwei Jahren Investitionen ausschliesslich in der Schweiz bzw. sowohl hierzulande als auch im Ausland. Medizintechnische Kompetenz, stabiles Wirtschaftsumfeld und hohe Arbeitsproduktivität sind die meistgenannten Gründe für Investitionen in der Schweiz. Im Durchschnitt wenden Hersteller zehn Prozent ihres Umsatzes für Forschung und Entwicklung auf.
Neue Rahmenbedingungen – neue Herausforderungen
Mit den zwei neuen europäischen Verordnungen über Medizinprodukte bzw. über In-vitro-Diagnostika (MDR, IVDR) steigen die regulatorischen Anforderungen weiter an. Die Implementierung der neuen Regulierungen ist die meistgenannte Herausforderung für die Unternehmen. Sie zieht tiefgreifende Veränderungen nach sich. Jeder zweite Hersteller gibt an, seine Produktpalette auszudünnen – um bis zu mehr als zwanzig Prozent. Die Branche rechnet damit, dass die Produktkosten aufgrund der neuen Regulierungsanforderungen um durchschnittlich acht Prozent ansteigen.
Der technologische Fortschritt und die zunehmende Digitalisierung haben zur Folge, dass vermehrt auch branchenfremde Unternehmen – beispielsweise aus dem Software-Segment – in den Medtech-Markt vorrücken. Diese Entwicklung verschärft den Wettbewerb, bietet Medtech-Unternehmen aber auch Chancen für strategische Allianzen.
Medtech-relevante Trends
Der SMTI 2020 analysiert neu auch Medtech-relevante Trends in den Bereichen Produktinnovation, Herstellungsverfahren, Diagnostik, Therapie und Gesundheitsversorgung. «Werkstoffinnovation» und «Smart Devices» sind die meistgenannten Trends unter den Herstellern. Wie in vielen anderen Branchen auch, können sich Medizintechnik-Unternehmen nicht auf ihren bisherigen technischen Fähigkeiten ausruhen. Die Digitalisierung etwa hat auf allen Ebenen Einzug gehalten. Künstliche Intelligenz und Big Data, Sensorik, Robotik, vernetzte Operationssäle, personalisierte Medizin und E-Health stehen stellvertretend dafür.
Hohe Standortattraktivität sichern
Die befragten Unternehmen sehen betreffend Standortattraktivität den grössten Handlungsbedarf beim Zugang zu qualifizierten Fachkräften und bei politisch verlässlichen Rahmenbedingungen. Die Antworten haben einen hohen Aktualitätsbezug. Das Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen (Mutual Recognition Agreement, MRA) zwischen der Schweiz und der EU ist noch nicht aktualisiert, was die Branche in grosse Bedrängnis bringt. Zudem steht die Volksabstimmung über die Begrenzungsinitiative vor der Tür. Eine Annahme der Initiative am 27. September würde den Fachkräftemangel in der Branche verschärfen, die Rechtsunsicherheit zwischen der Schweiz und der EU auf Jahre hinaus zementieren und folglich die Beziehung zur wichtigsten Handelspartnerin belasten. «Die Schweiz bietet Medtech-Unternehmen traditionell attraktive Rahmenbedingungen. Sie sind essenziell für Erfolg und internationale Konkurrenzfähigkeit. Die hohe Standortat-traktivität der Schweiz ist eine Errungenschaft. Sie ist nicht auf alle Zeiten garantiert. Wir müssen Sorge zu ihr tragen», sagt Peter Biedermann, Geschäftsleiter von Swiss Medtech.