«Obwohl im Masterplan der Abbruch vorgesehen ist, wollten wir nochmals kritisch hinterfragen, ob das Bestandsgebäude inklusive dem Sockelbau wirklich rückgebaut werden muss, oder ob es einer neuen Nutzung zugeführt werden kann», sagt Daniel Heller, Präsident des Verwaltungsrates der KSB AG. «In der aktuellen Diskussion um Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung ist es naheliegend, dass die Option Gebäudeerhalt seriös geprüft wird.»
Zu diesem Zweck hat der Verwaltungsrat der KSB AG beim Architekturbüro Schneider und Schneider in Aarau eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben, um das Potential einer Umnutzung zu analysieren. Geklärt wurden insbesondere Fragen um den Zustand der Trägerstruktur des 1978 eröffneten Spitalgebäudes, das aus einem Sockelbau sowie aus einem zehn Stockwerke hohen Bettenhaus besteht. In ihrer 105 Seiten umfassenden Studie attestieren die Ingenieure der Tragstruktur auch nach 44 Jahren Betrieb einen guten Zustand. Theoretisch wäre daher das Potential für eine Umnutzung mit Wohnungen, Büros oder Gesundheits- und Gastrobetrieben vorhanden. Praktisch wäre eine solche Umnutzung jedoch mit sehr hohen Investitionen und einem unabsehbaren Aufwand verbunden.
Denn das Gutachten kommt zum Schluss, dass das KSB-Gebäude den aktuellen Standards bezüglich Erdbebensicherheit nicht mehr genügt. So weisen beispielsweise die sechs Lift- und Treppenhauskerne eine unzureichende Tragsicherheit auf. «Bei einer Weiternutzung des Gebäudes müssen die Kerne entweder verstärkt oder durch zusätzliche Tragelemente (Wände, vertikales Fachwerk etc.) ergänzt werden», heisst es in der Studie.
Auch im Bereich des Brandschutzes müsste massiv nachgebessert werden. Hier betonen die Gutachter ebenfalls in allen Kritikpunkten, dass vertiefte Untersuchungen notwendig seien, um den Aufwand einer Sanierung genauer zu bestimmen. Aus diesem Grund werden auch keine Kostenschätzungen gemacht.
Zahlreiche kritische Punkte und hohe Hürden
Nebst den statischen Bedenken führt die Studie noch weitere technische, juristische, politische und unternehmerische Punkte auf, die es bei einer allfälligen Umnutzung zu klären gäbe:
- Der Erhalt des alten Spitals birgt städtebauliche Konflikte. Denn der Neubau wurde unter Voraussetzung eines Rückbaus der bestehenden Infrastruktur bewilligt und gebaut. Der Erhalt des Bestandes hätte schlechtere Lichtverhältnisse, schmale Zwischenräume und weniger Grünraum auf dem KSB-Gesundheitscampus zur Folge. Das Areal, so die Studie, würde „sehr stark verdichtet“. Tatsächlich ist das Personenaufkommen auf dem Areal mit täglich rund 400 stationären und 1000 ambulanten Patienten, 1000 Besuchern und durchschnittlich 1400 Mitarbeitenden jetzt schon sehr hoch. Zusätzliche Wohnkapazitäten würden die Parzelle überlasten.
- Bei der Bewilligung für den Neubau des KSB, das sich in einer Zone für öffentliche Bauten und Anlagen befindet, sind die Behörden und Anwohner von einem Abbruch des bestehenden Spitals ausgegangen. Dies war mit ein Grund, weshalb gegen das Neubauprojekt keine Einsprachen erhoben wurden. Bei einem Erhalt des Gebäudes und einer allfälligen Umnutzung müsste die Gesamtsituation, auch unter dem Aspekt der Verkehrsanbindung, neu beurteilt werden. Die Zone für öffentliche Bauten lässt, wenn überhaupt, nur sehr begrenzt Wohnraum zu; dieser muss an die Zentralnutzung (also Gesundheitsversorgung) gekoppelt sein.
- Bleibt das bestehende Gebäude erhalten, verbaut sich das KSB die Zukunft. Denn dadurch würde eine wertvolle Fruchtfolgefläche für zukünftige Bauten fehlen. Die Immobilienstrategie des Spitals sieht vor, dass auch kommende Generationen die Möglichkeit erhalten sollen, auf freier Fläche ein den Anforderungen ihrer Zeit entsprechendes Spital bauen zu können. Denn Umbauten und Erneuerungen bestehender Spitalbauten sind betriebsökonomisch höchst unattraktiv.
- Die Fassade des Bettenhauses aus den 1970er Jahren (kleine Fensterflächen, keine Balkone) entspricht nicht dem heutigen Standard für Wohnnutzungen. Das Aufbrechen der Südfassade würde einen aufwändigen Eingriff darstellen. Auch der Sockelbau wäre wegen fehlendem Tageslicht für bestimmte Nutzungen ungeeignet.
- Die Energie- und Wasserversorgung auf dem KSB-Gesundheitscampus ist auf den Eigenbedarf des neuen Spitals ausgerichtet. Wenn der Altbau weiter betrieben wird, müsste eine neue Energieversorgung geschaffen werden.
- Die Pläne des KSB sehen vor, das alte Spital sorgfältig zurückzubauen und die frei werdende Fläche zu begrünen. So kann auf dem KSB-Gesundheitscampus eine ökologische Ausgleichsfläche geschaffen werden. Bleibt der Altbau erhalten, fällt dieses Naherholungsareal für Patienten, Mitarbeitende und Anwohner weg.
«Die Studie der Architekten Schneider und Schneider stellt eine wertvolle Auslegeordnung dar», sagt Daniel Heller. Sie bestätige die Immobilienstrategie des KSB: «Unter dem Strich ist und bleibt der geplante Rückbau des Bettenhauses und die Schaffung einer Grünzone die sinnvollste und nachhaltigste Variante.»
Sanierung des Altbaus wurde geprüft und verworfen
Zum gleichen Ergebnis ist man bereits vor zehn Jahren gekommen, als die KSB-Verantwortlichen vor der Wahl standen, ob der Altbau saniert oder ein neues Spital gebaut werden soll. Das bestehende KSB hätte zwar mit einer umfassenden Sanierung in baulicher, teilweise auch in technischer Hinsicht, nie jedoch in medizinischer und menschlicher Hinsicht (Arbeitsqualität, Lichtverhältnisse etc.), den heutigen Anforderungen genügt.
Daher schrieb das KSB im Frühling 2015 einen Projektwettbewerb für einen Ersatz-Neubau basierend auf einem detaillierten Raumprogramm aus. Ende Januar 2016 empfahl das Beurteilungsgremium das Projekt «Agnes» zur Umsetzung. Der Spatenstich für den Spital-Neubau erfolgte im August 2018; die Inbetriebnahme ist im Herbst 2024 vorgesehen. Anschliessend soll der Altbau zurückgebaut und die frei werdende Fläche begrünt werden.
Weitere Erwägungen
Neben den bautechnischen und städtebaulichen Fragen wird sich der Verwaltungsrat bei seinen Entscheiden zum Bestandesbau und allfälligen weiteren Bauvorhaben auch von Fragen wie Wachstum des ambulanten Bereichs, Erfüllung des Leistungsauftrages für die Zentrumsversorgung Aargau Ost, Verkehrsaufkommen auf dem Areal und Business-Case möglicher neuer Nutzungen leiten lassen. Diesbezüglich werden weitere Abklärungen getroffen.y