Die FMH hat sich in einer Medienmitteilung gegen den indirekten Gegenvorschlag des Bundesrates ausgesprochen und warnt vor Nachteilen für Patientinnen und Patienten, wie beispielsweise längere Wartezeiten.
Im Frühjahr 2020 wurde die eidgenössische Volksinitiative «Für tiefere Prämien – Kostenbremse im Gesundheitswesen (Kostenbremse-Initiative) » eingereicht. Diese fordert die Einführung einer Kostenbremse im Gesundheitswesen. Der von der Initiative vorgeschlagene Mechanismus hält der Bundesrat aber für «zu starr», deshalb lehnt er die Initiative ab. Als indirekten Gegenvorschlag hat er am 10. November die Botschaft für die Vorgabe von Kostenzielen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) verabschiedet. Diese Massnahme ist Teil des laufenden Kostendämpfungsprogramms.
Der Bundesrat befürwortet grundsätzlich das Anliegen der Initiative, das Kostenwachstum in der OKP und die Belastung der Prämienzahler zu bremsen. Allerdings ist ihm die Koppelung an die Lohnentwicklung zu unflexibel. Faktoren wie die Alterung der Gesellschaft, der technisch-medizinische Fortschritt sowie die Abhängigkeit der Löhne vom Konjunkturverlauf würden nicht berücksichtigt. Es bestehe die Gefahr, dass diese Ausgabenregel je nach Umsetzung eine Rationierung der Leistungen zur Folge hätte.
Indirekter Gegenvorschlag nimmt Anliegen der Initiative auf
Der Bundesrat lehnt die Initiative ab und schlägt dem Parlament vor, als indirekten Gegenvorschlag die Vorgabe von Zielen für das maximale Kostenwachstum in der OKP vorzusehen. Bund und Kantone sollen jährlich festlegen, welches Ziel für das maximale Kostenwachstum in den einzelnen Bereichen der OKP angestrebt wird. Sie beziehen dabei die verantwortlichen gesundheitspolitischen Akteure mit ein. Wenn die Ziele überschritten werden, sind die Tarifpartner, die Kantone und der Bund verpflichtet, in den Bereichen in ihrer Verantwortung zu prüfen, ob korrigierende Massnahmen notwendig sind. Solche Massnahmen können beispielsweise die Anpassung von Tarifen oder die Zulassung von Leistungserbringern betreffen.
Die Ärtztevereinigung FMH lehnt diesen Vorschlag ab
«Kostenziele sollen bewirken, dass weniger medizinische Leistungen erbracht werden. Mit einer Kostenobergrenze ist es unter Umständen nicht mehr möglich, alle notwendigen Leistungen für die Patientinnen und Patienten zu erbringen. Besonders ältere, chronisch und mehrfacherkrankte Patientinnen und Patienten würden unter der Massnahme leiden. Wartezeiten könnten für obligatorisch versicherte Menschen zur vertrauten Situation werden. Denn wenn das Budget aufgebraucht ist, werden Leistungen zeitlich hinausgeschoben.
Gute Patientenversorgung muss erhalten bleiben
Die Schweiz hat bisher auf eine Gesundheitspolitik gesetzt, welche die gute medizinische Patientenversorgung nicht gefährdet. Daran soll sie festhalten. Zudem sind erst gerade Entscheide gefällt worden, deren Wirkung abzuwarten ist. So hat das Parlament zwei Gesetzesprojekte mit dem Ziel der Kostendämpfung beschlossen. Die sind noch nicht oder erst gerade in Kraft gesetzt worden. Deshalb konnten sie noch keine Wirkung im Alltag entfalten konnten. Erstens die Zulassungssteuerung für Leistungserbringer: Es handelt sich um die neuen Bestimmungen für Leistungserbringer im ambulanten Bereich, mit denen die Zulassung dauerhaft gesteuert werden soll. Zweitens das Gesetz zur Stärkung von Qualität und Wirtschaftlichkeit. Die Versicherer werden mit der Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitskontrolle auffällige Leistungserbringer identifizieren und bei Bedarf sanktionieren können. Es gibt also zwei neue Gesetze, eines zur Steuerung der Leistungserbringenden, eines zur Steuerung der erbrachten medizinischen Leistung. Die Wirkung dieser Gesetzesvorlagen soll zuerst abgewartet werden, bevor elementare Eingriffe ins Schweizer Gesundheitswesen erfolgen, die einen Systemwechsel vergleichbar mit einem Globalbudget bedeuten und die gute Patientenversorgung gefährden. Ausserdem ist die parlamentarische Beratung von EFAS, der einheitlichen Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen weit fortgeschritten. EFAS birgt erhebliches Sparpotential ohne die gute Patientenversorgung einzuschränken.»