An einem der letzten Care-Kongresse war – wie so oft in letzter Zeit – die Digitalisierung eines der Leitthemen. «Digitalisierung ist kein neues Thema mehr, sondern muss bereits in allen Bereichen der Gemeinschaftsverpflegung Standard sein», sagte beispielsweise Professor Sang-Il Kim von der Berner Fachhochschule. Dem kann ich nur zustimmen! Aber auf welchem Niveau sich die sogenannte Digitalisierung in den einzelnen Bereichen bewegt, steht auf einem anderen Blatt. Besonders in Küchen von Heimen und Spitälern sind Prozesse bislang stark personalgebunden: Menüplanung, Einkauf, Rezeptpflege, Lagerbewirtschaftung, Spezialkost. Digitalisiert sind oft nur die Bestellmöglichkeiten, welche die verschiedenen Grossisten mehr oder weniger kostenfrei bereitstellen.
Beispiel 1: Kreativität und Rezeptvielfalt – Alterszentrum Bodenmatt, Malters
Täglich standen die Küchenverantwortlichen vor der Herausforderung, abwechslungsreiche Menüpläne zu erstellen und gleichzeitig die Balance von Nährstoffen, Bewohnerwünschen, Kostformen und logistischen Beschränkungen zu beachten. Da dies nicht stringent gewährleistet wurde, entschied sich die Geschäftsleitung zusammen mit Gottfried Gsaller für die Implementierung von KI-Kitchen. Das Alterszentrum Bodenmatt in Malters arbeitet seit 2024 mit dieser Software. Rund 4000 Rezepte sind bereits hinterlegt und fliessen per Mausklick in die Menüplanung ein. Die Planungsverantwortlichen berichten von erheblicher Zeitersparnis: Anstelle von drei bis sechs Stunden Planungsarbeit pro Woche genügen nun wenige Klicks. Die Administration ist von Layoutarbeiten der Menükarten entlastet und die Bewohner profitieren von mehr Abwechslung – Monotonie in den Menüfolgen ist Geschichte. Gottfried Gsaller, Leitung Gastronomie im AZ Bodenmatt: «Die Vielfältigkeit der Gerichte, welche seit der Einführung von KI-Kitchen unseren Menüplan bereichern, schätze ich sehr und gleichzeitig hat sich der administrative Aufwand wesentlich verringert.»
Beispiel 2: Skaleneffekte und Flexibilität – KZU Embrach
Die KZU betreibt mehrere Häuser. Der Wunsch: Effizienz durch gemeinsame Ressourcennutzung und dennoch individuelle Anpassungsmöglichkeiten für jedes Haus. Zuvor arbeiteten die Häuser mit separaten Menüplänen – das erzeugte Doppelspurigkeit und erschwerte den gemeinsamen Einkauf. Mit KI-Kitchen nutzen heute beide Häuser den gleichen Basis-Menüplan. Das bringt erhebliche Skaleneffekte im Einkauf und bricht Produktionsspitzen, da in der Küche Embrach an zwei Produktionstagen viele Komponenten für die anderen Häuser mitproduziert werden.
Ad-hoc-Umplanungen sind in jedem Haus möglich, beispielsweise bei Bewohnerwünschen, Lieferengpässen oder saisonalen Besonderheiten, ohne die Gesamtplanung zu beeinträchtigen. Für den Mittagsservice laufen in Embrach sechs Menülinien für Bewohner, Schulen, Kita und Mahlzeitendienst, inklusive weicher Kost, was ein hohes Mass an Differenzierung erfordert. Durch die Möglichkeit, Komponenten per Mausklick zu verschieben, hat diese heikle Planungsarbeit mit KI-Kitchen massiv an Komplexität verloren. Zudem entlastet die automatische Befüllung der Menükarten für alle Kundengruppen die Administration deutlich.
Kurt Kalberer, Leiter Verpflegung PZE, sagt: «Die Detailplanung für unsere verschiedenen Zielgruppen wird mit KI-Kitchen vereinfacht. Die verschiedenen Möglichkeiten der Einflussnahme sind praxistauglich gelöst.»
Beispiel 3: Ganzjahresplanung und Bestelloptimierung – Nägeligasse, Stans
«Wir waren überhaupt nicht zufrieden, wie viel Zeit uns die wöchentliche Menüplanung kostet. Hier wollten wir unbedingt ansetzen», sagt Lorenz Steiner, Leiter Hotellerie und Mitglied der Geschäftsleitung bei Nägligasse in Stans. Dort wurde der bestehende Ganzjahres-Menüplan übernommen, er entsprach den Anforderungen des Hauses. Nicht gegeben waren jedoch die vollständige Digitalisierung der Rezepte sowie die Verknüpfung mit den verschiedenen Lieferanten. Mit KI-Kitchen können die Küchenverantwortlichen heute alle Menükomponenten mit der sog. Kontexttaste kreativ variieren, auf Basis eines durchdachten Jahresplans. Besonders wertvoll ist die integrierte Lieferantenverwaltung: Jeder Lieferant mit seinen spezifischen Produkten, Lieferzeiten, Verpackungseinheiten und Preisstaffelungen ist im System hinterlegt. Bei der Bestellgenerierung werden Mengen und Kosten optimiert – Überbestände oder teure Nachbestellungen in kleinen Chargen werden vermieden. Die monetären Einsparpotenziale werden erst 2026 voll sichtbar sein. Die gewonnenen Zeitressourcen bei Menüplanung und Wochenbestellungen sind jedoch bereits heute Realität. Die Küchenleitungen greifen auf Kontextmenüs zurück, die kreative Alternativen anbieten. Bestellprozesse sind deutlich effizienter: Lieferanten-Eigenheiten (Verpackungseinheiten, Lieferintervalle etc.) sind hinterlegt; das System erzeugt automatische Bestellvorschläge. Artikelnummern sind hinterlegt und lassen sich per Mausklick anpassen. Das Ergebnis: Kostenersparnisse und bessere Budgetkontrolle. Die Geschäfts- und Küchenleitung ortete hier das grösste Potenzial – und bekam es.
Beispiel 4: Praktikabilität und Anwenderfreundlichkeit – Alterszentren Bremgarten
Die Alterszentren Bremgarten entschieden sich kurz nach einer Präsentation für KI-Kitchen. Ausschlaggebend war nicht die Anzahl Features, sondern die Praxistauglichkeit: «Endlich ein Programm von Praktikern für Praktiker», hiess es aus der Küchenleitung. Die Bedienung ist nachvollziehbar, die Module greifen sinnvoll ineinander – Menüplanung, Layout, Bestellung, Umstellung auf Kostformen, Berücksichtigung der verschiedenen Saisons sind einfach und passend hinterlegt.
Bereits seit der Wintersaison 2025 (Dezember bis Februar) wird das System komplett eingesetzt: Wintergerichte, saisonale Vorratshaltung und besondere Anforderungen (z. B. Schmorgerichte, Eintöpfe, höhere Kalorienzufuhr, Menüs mit guter Kühllager-Eignung) sind weitgehend abgebildet. Besonders geschätzt wird, dass sämtliche Rezepte aus der Praxis – also aus verschiedenen Häusern im Care-Bereich – stammen. Man freut sich auf Austausch und Fachsimpeln. Nach nur 90 Minuten Onboarding war das System einsatzbereit – inklusive Parametern wie Budgetrahmen, Häufigkeit bestimmter Gerichte oder Kostformen.
Empfehlungen KI-Kitchen-Interessenten
- Fundierte Onboarding-Phase nutzen: Wünsche, Vorgaben, Spezialkostformen, Preisrahmen etc. von Anfang an klären – das vereinfacht spätere Anpassungen.
- Mit Jahres- oder 13-Wochen-Rhythmen arbeiten statt nur kurzen Plänen – reduziert Wiederholungen und verbessert Mengen-/ Kostenplanung.
- Lieferanten und Bestellprozesse früh abbilden, damit Mengenanpassungen, Verpackungseinheiten und Preisstaffelungen berücksichtigt werden – hier schlummern viele Einsparpotenziale.
- Partizipation und Feedback einbeziehen (Bewohnerwünsche, Mahlzeitenqualität, Spezialkost) – steigert Akzeptanz und Zufriedenheit.
- Saisonale und regionale Zutaten einplanen, auch im Winter oder während schwieriger Zeiten (Lieferengpässe), damit Planbarkeit und Qualität erhalten bleiben.
Fazit
KI-Kitchen ist mehr als ein Menüplanungsprogramm: ein integriertes Werkzeug, das Kreativität, Budget, Bewohnerzufriedenheit, Effizienz und Transparenz verbindet und optimiert. Die Beispiele Bodenmatt, KZU Embrach, Nägeligass und Bremgarten zeigen, dass unterschiedlich grosse Betriebe mit verschiedenen Anforderungen profitieren – von kleinen Heimen bis zu grossen Mehrhaus-Organisationen. Softwarelösungen wie KI-Kitchen können ein Katalysator sein für eine moderne, nachhaltige und würdige Verpflegung in Heimen und Alterszentren – vorausgesetzt, sie sind praxisnah gedacht und werden proaktiv in den Alltag eingebunden.
