Am Anfang stand die Idee – seit Jahren nimmt die Zahl innovativer Start-ups auf der DMEA mehr und mehr zu. Die beste Idee oder Lösung sollte nun auf der DMEA 2024 mit dem DMEA Nova Award ausgezeichnet werden. Im Call for Ideas haben sich mehr als 90 Gründerinnen und Gründer aus Deutschland, der Schweiz und weiteren Ländern in Europa beworben. Eine Fachjury hat die 20 überzeugendsten Start-ups ausgewählt und in den Kategorien
❱ Fokus: Patienten, Angehörige und Mitarbeitende
❱ Nachhaltige Unternehmensorganisation
❱ KI-Nutzung zur Verbesserung der Versorgung
❱ Prozessinnovation: Neue Versorgungsformen
gegeneinander antreten lassen. Am Ende des zweiten DMEA-Tages standen die Final Four fest – das beste Start-up aus der jeweiligen Kategorie: InContAlert, Fenjax, Exploris Health und das Start-up Living Brain.
InContAlert: Messung des Blasenfüllstandes
InContAlert ist ein Medizintechnik-Start-up, das ein Wearable zur Messung des Blasenfüllstands entwickelt. Befestigt durch einen Gurt, ein Textilband oder an die Unterwäsche geklippt, misst der Sensor kontinuierlich den Füllstand der Blase und sendet diese Informationen an die zugehörige App auf Smartphone oder Smartwatch. Mit der Sensortechnologie werden Körperdaten erfasst und über KI-Algorithmen ausgewertet. Die Ergebnisse werden in einer App visuell dargestellt und warnen Inkontinenz- Patientinnen und Patienten vor kritischen Füllständen. Die Ursachen für Blasenfunktionsstörungen sind sehr vielfältig. Betroffen sind unter anderem Patientinnen und Patienten mit Querschnittlähmung, Hemiplegie, Multipler Sklerose, Morbus Parkinson, Schädel-Hirn-Trauma, oder Cerebralparese.
Die Kenntnis des Blasenfüllstandes ermöglicht es Menschen mit neurogener Blasenfunktionsstörung, die Blase zum richtigen Zeitpunkt zu entleeren und somit zu frühe und zu späte Entleerungen zu vermeiden. Wenn nur notwendige Entleerungen durchgeführt werden, kann der Verbrauch von Hilfsmitteln wie Kathetern reduziert und der Pflegeaufwand in Kliniken und Pflegeheimen effizienter gestaltet werden. Gleichermassen können ungeplantes Einnässen oder eine Überdehnung der Blase und der damit verbundene Rückfluss von Urin in die Nieren vermieden werden. Dies verringert das Risiko von gesundheitsschädlichen und in der Behandlung teuren Folgeerkrankungen (Nierenschäden und Harnwegsinfekte) und erhöht die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten enorm.
Fenjax: Lokalisierung von Geräten
Fenjax will einen Beitrag zur Zukunft der Pflege in Krankenhäusern leisten, indem es den Pflegekräften ermöglicht, sich mehr Zeit für ihre Patienten zu nehmen. Deshalb sollen Aufgaben, die nicht patientenspezifisch sind, automatisiert werden. Dazu entwickelt das Start-up aus Aachen eine Technologieplattform für die Systemintegration von digitalen und robotergestützten Dienstleistungen in Krankenhäusern. Kernfunktion ist eine fortschrittlicher Echtzeit-Lokalisierung von Geräten.
Das Start-up entsteht derzeit im Rahmen des EXIST-Forschungstransfers «Eine Technologie- Plattform für die Systemintegration digitaler und robotischer Services im Krankenhaus (dirK)» am Institut für Regelungstechnik der RWTH Aachen Universität. Das Projekt wird im Rahmen des EXIST-Programms durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und den Europäischen Sozialfonds gefördert.
Exploris Health: Erkennung von Herzkrankheiten mit KI
Die koronare Herzkrankheit (KHK) gehört zu den wichtigsten Volkskrankheiten und stellt weltweit die häufigste Ursache kardiovaskulärer Todesfälle dar. Der Cardio Explorer des Schweizer Start-ups Exploris Health ist ein einfacher, nicht invasiver, auf künstlicher Intelligenz basierender Test. Er erlaubt die Früherkennung einer relevanten Koronarstenose zuverlässig und unterstützt den behandelnden Arzt in der individuellen Risikoeinschätzung. Die Genauigkeit des Cardio-Explorer-Tests ist mit 94 Prozent so hoch wie bei den besten bildgebenden Verfahren (z. B. CT, MRI) und liefert auch bei asymptomatischen Patienten mit eher unauffälligen Risikofaktoren zuverlässige Erkenntnisse. Durch die evidenzbasierte, komplexe Modellstruktur erreicht der Cardio Explorer auch bei Frauen die gleiche Präzision. Für die Erstabklärung erkennt der Cardio Explorer zuverlässig Patienten:
❱ die aufgrund einer hohen Gefährdung einer invasiven Diagnostik zugeführt werden sollten. Infarkte können so potenziell verhindert werden;
❱ die aufgrund einer erhöhten Gefährdung weiter diagnostisch abgeklärt werden sollten;
❱ die keiner weiteren Diagnostik bedürfen, und kürzt die Entscheidungswege für diese deutlich ab.
Die KHK ist Ausdruck einer systemweiten und sehr komplexen Pathophysiologie, die neben mehreren klassischen Risikofaktoren auch zahlreiche neuere Risikofaktoren aus den Bereichen des Stoffwechsels und der Inflammation zur Grundlage hat. Deshalb ist eine umfassende kombinatorische Beurteilung notwendig. Dies kann aufgrund der grossen Datenmenge nur die künstliche Intelligenz in effizienter und optimierter Weise bewältigen.
Living Brain: VR-Therapiesoftware
Die neuartige VR-Therapiesoftware Teora Mind des Heidelberger Start-ups Living Brain erlaubt es Menschen mit kognitiven Einschränkungen, alltagsrelevante Handlungsschritte sicher und kontrollierbar in virtueller Realität (VR) zu trainieren. Die VR-Therapiesoftware basiert auf neuesten Erkenntnissen psychologischer Lernstrategien und der Therapiewissenschaften. Der Alltagstransfer wird durch realitätsnahe Aufgabenstellungen erleichtert.
Im finalen Pitch am dritten DMEA-Tag mussten diese vier Start-ups dann noch einmal gegeneinander antreten und die Jury überzeugen. Dies ist Dr. Manuel Römer von Exploris Health mit seiner KI-basierten Multimarker-Diagnostik am besten gelungen. Neben dem DMEA Nova Award kann sich das Schweizer Unternehmen über ein Preisgeld von 2500 Euro freuen.