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Kostenbeteiligung: die heisse Kartoffel

Publiziert

Seit dem Jahr 2004 gab es 35 Revisionen des Krankenversicherungsgesetzes (KVG) und 50 Verordnungsänderungen (KVV). Keine aber befasste sich mit der Kostenbeteiligung. Die Mindestfranchise ist seit 2004 auf 300 Franken festgesetzt, die Selbstbeteiligung auf 700 Franken limitiert.

Zwar gab es im Parlament einige Vorstösse, die dies ändern wollten, sie blieben im Plenum allerdings chancenlos. Die Kostenbeteiligung ist für die Mitglieder des Parlaments eine heisse Kartoffel, an der sich niemand die Finger verbrennen will. Wieso ist die Kostenbeteiligung in der Politik so unbeliebt? Grund dafür ist die höhere Kostenwahrheit. Politikerinnen und Politiker scheuen nichts mehr als das. Denn wenn den Leuten bewusst wird, was etwas kostet, werden sie äusserst zurückhaltend. Kosten zu vergemeinschaften ist deshalb sehr attraktiv für die Politik. So kann man Geld ausgeben, ohne dass jemand aufschreit.

Im Gesundheitswesen kommt noch ein zweiter Punkt hinzu. «Kostenbeteiligungen sind eine Strafe für kranke Menschen» hört man Parlamentsmitglieder argumentieren. Denn kranke Personen könnten nichts für ihren Zustand und müssten bei hoher Kostenbeteiligung dennoch mehr bezahlen. Diese Argumente stimmen in doppelter Hinsicht nicht. Klar, Krankheit kommt häufig als Schicksalsschlag. Doch der Leistungsumfang selbst bei gleicher Diagnose hängt stark vom eigenen Verhalten ab. Denn der sorgsame Umgang mit fremden Mitteln ist auch bei kranken Menschen keine Selbstverständlichkeit. Einige sind sorgsam und folgen dem Prinzip der Schadensminderung, andere dagegen nicht. Zudem kann man das Blatt auch umdrehen: Die Patienten müssen der Krankenversicherung nicht hohe Zuzahlung leisten. Im Gegenteil – durch die Versicherung werden die Zahlungen kleiner. Durch die Obergrenze des Selbstbehalts sind Kosten ab 7300 Franken sogar gratis. Erhöht man diese Grenze, so erhält man für den zusätzlichen Bereich immer noch einen Rabatt von 90 Prozent. Das ist immer noch recht grosszügig.

Kostenbeteiligungen bestehen aus der Franchise, die als Eintrittsgebühr in die Grundversicherung wirkt. Bei einer Franchise von 300 Franken müssen Kosten bis zu diesem Beitrag zu 100 Prozent getragen werden. Ab Kosten von 300 Franken muss man nur noch 10 Prozent des Betrags selbst berappen, und zwar maximal 700 Franken pro Jahr. Die private Beteiligung endet, sobald die Kosten 7300 Franken übersteigen. Dann hat man nämlich 300 Franken Franchise und 700 Franken Selbstbehalt bezahlt. Ab dieser Schwelle ist jeder weitere Leistungsbezug gratis.

Häufig wird suggeriert, dass die Kostenbeteiligung in der Schweiz im internationalen Vergleich hoch sei. Sie beträgt in der Schweiz 22 Prozent. Dies hat aber den wesentlichen Grund in der Zahnmedizin, welche hier nicht zum Leistungskatalog der Grundversicherung zählt und deshalb international als Selbstbeteiligung aufgefasst wird. Betrachtet man nur die Selbstbeteiligung in der Obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP), so betrugt diese 2021 knapp 13,5 Prozent. 1998 waren es noch 15 Prozent. Sie liegt damit deutlich unter dem OECD-Durchschnitt von 18,1 Prozent im Jahr 2020.

Nachteile einer hohen Kostenbeteiligung
Aus ökonomischen Gründen sollte die Kostenbeteiligung also stark erhöht werden. Dennoch gibt es gute Gründe, zurückhaltend zu sein. Hohe Kostenbeteiligungen sind erstens dann problematisch, wenn sie die Leute dazu bringen, zu spät zum Arzt zu gehen. Hohe Franchisen haben diesen Effekt. Denn dann müssen die Patientinnen und Patienten ihre ersten Konsultationen voll bezahlen. Deshalb sollten Franchisen nicht zu hoch sein im Verhältnis zur Einkommenssituation. Denn sie wirken als Eintrittsgebühr, die aus Sicht der Volksgesundheit nicht abschreckend wirken darf. Eventuell werden sonst Krankheiten verschleppt, die dann später in der Behandlung teurer werden. Neuere Studien aus den USA betonen diesen Effekt. Im Bericht auf das Postulat Schmid-Federer vom 28. Juli 2017 wird er allerdings für die Schweiz bei der gegenwärtigen Höhe der Franchise als klein eingeschätzt.

Zweitens darf die Kostenbeteiligung insgesamt nicht zu hoch sein. Wenn jemand Gesundheitskosten von 200 000 Franken hat, weil beispielsweise ein Medikament im Bereich seltene Krankheiten sehr teuer ist, dann bedeuteten zehn Prozent Selbstbehalt Kosten von 20 000 Franken, was für viele nicht tragbar wäre. Dieses Problem könnte man aber umgehen, indem man den Selbstbehalt pro Behandlung limitiert. So bleibt der Sparanreiz für die restlichen Behandlungen vorhanden, bei denen man dann immer noch 10 Prozent Kostenbeteiligung haben kann. Es braucht also eine Obergrenze pro Behandlung und pro versicherter Person oder degressive Kostenbeteiligungen.

Darüber hinaus ist es heute schon möglich, die chronisch kranken Personen mit einer tieferen Kostenbeteiligung zu entlasten: Art. 99 KVV sieht vor, bei einer Versicherung mit eingeschränkter Wahl der Leistungserbringer auf die Erhebung des Selbstbehaltes und der Franchise ganz oder teilweise verzichten.

Nutzen einer höheren Kostenbeteiligung
Höhere Kostenbeteiligungen schonen die knappen Ressourcen. Dies ist ihr Haupteffekt. In der Privatassekuranz geht man von 20 bis 25 Prozent Verschwendung aus. In der Arbeitslosenversicherung kommt das Büro Bass (2000) mit einer ökonometrischen Schätzung auf 12 bis 15 Prozent. In der Grundversicherung wird dieser Anteil wahrscheinlich irgendwo dazwischen liegen. Niemand weiss das so genau.

  • Ein anderer, wichtiger Nutzen liegt im Effekt auf die Prämien. Eine Erhöhung der Kostenbeteiligung ist die einfachste Art, die Prämien zu entlasten. Dies zeigt eine einfache Rechnung:
  • Die Mindestfranchise wurde das letzte Mal am 1. Januar 2004 auf 300 Franken erhöht. Seither sind die prämienrelevanten KVG-Kosten um 64 Prozent gestiegen. Wäre die Franchise entsprechend angepasst worden, sollte sie heute rund 500 Franken betragen.
  • Die Limite des Selbstbehalts beträgt seit 2004 700 Franken pro Kopf. Wäre sie an die Kosten gebunden, müsste der Betrag heute bei rund 1100 Franken liegen.

Mit diesen zwei Massnahmen wäre das Prämienniveau um 9 Prozent tiefer als heute. Dies hätte auch positive Auswirkungen auf die Prämienverbilligungen: Sie könnten entweder entlastet werden, oder man könnte die Unterstützung ärmerer Haushalte entsprechend ausbauen.

Offensichtliche Über- oder Unterversorgung könnte ebenfalls über die Kostenbeteiligung beeinflusst werden. Bereiche mit Unterversorgung würden dann von tieferer Kostenbeteiligung profitieren, wohingegen sie bei vermuteter Überversorgung prozentual erhöht werden könnten. Dies ist eine vernünftigere Art von Steuerung als via Maximalmengen oder Kostenlimiten.

Kostenbeteiligungen reduzieren überdies die Belastung der Solidargemeinschaft. Schliesslich müsste ohne Versicherung jede Person sämtliche Leistungen allein bezahlen. Durch die Versicherung wird der Grossteil der Kosten auf die Gesamtgesellschaft verteilt. Heute bezahlt die Solidargemeinschaft davon 87 Prozent, im Jahr 2004 waren es noch 85 Prozent. Diese Erosion der privaten Beteiligung und zunehmende Vergemeinschaftung der Kosten führt tendenziell dazu, dass mit den Ressourcen im System weniger sorgsam umgegangen wird.

Fazit
Es ist Zeit, die Kostenbeteiligungen in der Höhe und in der Form zu überdenken. Die Finanzierung des Gesundheitswesens ist eine Kernaufgabe der Politik. Statt sich dieser anzunehmen, hat sie das Thema systematisch beiseitegeschoben. Demgegenüber wird an anderer Stelle fleissig reguliert. Die Politik mischt sich immer stärker in die Tarifpartnerschaft ein, eigentlich einer Domäne der Versicherer und der Leistungserbringer. Folge davon sind höhere administrative Kosten für die Betroffenen, eine schwierigere Einigungsfindung für die Tarifpartner und mehr Frust bei Ärzteschaft und Pflegenden. Die Politik hat die Chance, es künftig besser zu machen.

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Bezugsquellenverzeichnis